Sonischer Kot des Jahres 2020.

Schreibt euch die Finger wund über das große Thema "Metal" - über neue Platten, neue Bands, Konzerte etc.

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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 19. Januar 2020, 03:24

Dr. Best hat geschrieben:Auch wenn ich ebenso wenig Resonanz erwarte, wie auf die letzten Fragen, und ein Edit meist untergeht noch ergänzend zum Thema "Einfluss vom Label auf die Produktion":
Wie kommt es dann, dass diverse Produzenten quasi ausschließlich Bands eines einzigen Labels produzieren und dort dann teils auch einen nicht unerheblichen Teil aller VÖs betreuen? Ich denke da an Tägtgren & Sneap bei NB, Sorychta Ende 90er/Anfang 2000er bei CM usw. Wollen das die entsprechenden Bands so, oder ist es wie eben von Fnick vermutet, dass das Label einen Deal mit Studiozeit, Produzent und Vertrieb bietet?


Sneap, Tägtgren, Nordström, Bergstrand und wie sie alle heißen machen eben einen Sound, der gut ankommt. Das klingt fett und in die Fresse. Es knallt eben. Die Jungs sind auch teuer, versteht sich. Das ist nun eben genau der Sound, der hier im Board nicht gerade abgöttisch geliebt wird, man muss aber auch sagen, dass die dort produzierte Mucke nun auch nicht gerade zur bevorzugten Beschallung der Boardmitglieder gehört. Wenn es richtig knallen soll, werden irgendwo Einbußen gemacht. Diese Einbußen tun manch einem hier (und ich schließe mich nicht aus) fast körperlich weh, während Fans der Bands das evtl. nicht wahrnehmen oder komplett anders sehen. Es ist bei vielen jungen Nerds und Fans auch ganz und gar nicht verpöhnt, Drum-Software zu benutzen. Im Gegenteil, die interessieren sich eher sogar dafür, wie man den jeweiligen Sound aufgemöbelt hat und diskutieren darüber stundenlang in Foren.

Ich finde Andy Sneap ist ein absolut fantastischer Produzent, und dennoch gefallen mir eben viele seiner Produktionen aus den bekannten Gründen nicht. Es ist aber nun mal halt so, dass weder dieses Board, noch die 2-3.000 Undergroundfans in Deutschland da das Zielpublikum sind. Und um ganz ehrlich zu sein, auch wenn ich es schon oft erwähnt habe. Mir ist ne etwas zu sterile Produktion lieber, als ne beschissene Kelleraufnahme ner drittklassigen, talentfreien Band, die dann (auch hier) für so einen Mist noch gelobt wird, weil das ja so authentisch ist.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Dr. Best » 19. Januar 2020, 10:59

Ulle hat geschrieben:
Dr. Best hat geschrieben:
Ulle hat geschrieben:Nur falls es jmd. interessiert, das Album wurde von Gitarrist Marcos Rodriguez produziert. Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Label Einfluss auf die Produktion nimmt.

Motown? :cool2:

Im Ernst und unabhängig davon, ob das hier der Fall war: mir fallen vor lauter Möbelrücken und Kisten auspacken grade die Beispiele nicht ein, aber das gab es doch zumindest früher permanent?! Ah doch, grade neulich gelesen: Def Leppard, Hysteria "Die Plattenfirma der Band, Mercury Records, drängte zur Fortführung der Arbeiten, und die Band stimmte der Zusammenarbeit mit einem anderen Produzenten zu." In diversen Intis auch zu aktuelleren Alben meist mittelgroßer oder größerer Bands wird immer wieder betont, dass das Label wahlweise den Produzenten oder eine kleine Auswahl derer gestellt hat, oder Bedingungen an Sound etc geknüpft hat. Oder dass Produktionen oder ganze Albenaufnahmen abgelehnt wurden. Also doch, kommt wohl vor.


Wie erwähnt, "ich" habe es noch nicht erlebt. Zu meiner Zeit bei Def Leppard war da dann auch nicht mehr die Rede davon.

Es gibt auch viel beknacktes Gequatsche in Interviews. Wie oft liest man bei Bands Aussagen wie "wir wollen kein Label, damit wir unabhängig bleiben und die volle Kontrolle bei der Produktion haben und uns niemand reinquatscht"?
Gäääääähn.
Was heißt das übersetzt? "Wir haben keinen Deal gekriegt und mussten es dann halt selbst machen".

Wir leben nicht mehr in den 80ern. Die Budgets sind verschwindend gering, viele Bands kriegen nicht einmal mehr eines. Da sind die meisten Labels froh, wenn sie halbwegs was vernünftiges geliefert bekommen und Bands müssen halt auch zusehen, dass sie für die wenige Asche was hinkriegen. Da werden die meisten Labels sich hüten Kritik zu üben, denn dann möchte die Band eben auch mehr Kohle sehen.

Natürlich, wenn wir jetzt von großen Bands reden, dann läuft das sicherlich nochmal ganz anders, aber das ist doch inzwischen ein verschwindend kleiner Teil.

Es ist natürlich geil, wenn man sich dann nachher haarklein über Gitarren- und Drumsounds echauffiert und sich wundert, dass Queensryche das ja schließlich vor 30 Jahren schon viel besser gemacht haben. Die Realität ist aber eben leider anders. In der Zeit, in der bei Queensryche 2 oder 3 Engineers zwecks Soundcheck die Mikros im Raum rumgetragen und 50 verschiedene Becken, Snares und Mikros ausprobiert haben, während Peter Collins lauschend Espresso geschlürft hat, muss der Drummer der mittelgroßen Band heutzutage bereits das komplette Album einholzen. Mittlerweile dürfte das sogar bei Queensryche so sein.

Auch immer gerne genommen. Der Sound von der und der Classic Rock-Kapelle ist so geil und luftig, wieso schafft das Thrash Band XY nicht mehr? Na vielleicht weil sie Tonnen mehr an Gain fahren, 100 mal technischer zocken und die Bassdrum in 30 Sekunden öfter zu hören ist als auf allen Alben der ganzen 70s Retortenbands! Und warum macht man dann den Gitarrensound nicht so, wie damals? Weil man es vielleicht nicht will?
Äpfel und Birnen gehen halt nie.


Naja, du musst halt bedenken, dass du erst 1991 zu Def Leppard kamst, da war ja eh die Luft raus und die Groupies schon zu Nirvana und den neu mit feschen Föhnfrisuren versehenen Metallica abgewandert. Ich lese da nur Neid bei dir raus!

Das Budget-Problem von kleineren Bands (oder eher das nicht vorhandene, je nach Blickrichtung) ist mir klar, die meisten hier haben ja im Board oder auf Konzerten schon mit Musikern solcher Bands gequatscht. Wie das aber bei einer zumindest nicht kleinen Band wie Rage abläuft, deren Absatzzahlen und Größe ich nicht einschätzen kann, die aber denke ich mal davon leben muss (?), wäre eben interessant.

Klar verstehe ich, dass da ganz andere Budgets und daraus resultierend Studiozeiten, Soundmenschen (falls überhaupt) usw resultieren. Aber, um jetzt mal in eine Musikrichtung zu gehen, wo ich mich besser auskenne, etwa die letzte Candlemass ist echt grausam und es waren sicher nicht nur 100€ vorhanden - so klingt sie ja auch nicht, ist eben einfach totkomprimiert und überfett. Dagegen klingen die meisten kleinen Epic Doomer derzeit alle ziemlich gut, ganz ohne Budget und im Proberaum aufgenommen. Das ist es, was ich nicht verstehen kann. Auch bei Rage gibt es sicher aktuelle Gegenbeispiele, aber wie du ja auch sagst bringt es wenig, wenn ich jetzt Obsidian Sea in den Ring werfe, obwohl das ein gutes Beispiel für 0 Geld und viel Klang wäre.

Ulle hat geschrieben:Sneap, Tägtgren, Nordström, Bergstrand und wie sie alle heißen machen eben einen Sound, der gut ankommt. Das klingt fett und in die Fresse. Es knallt eben. Die Jungs sind auch teuer, versteht sich. Das ist nun eben genau der Sound, der hier im Board nicht gerade abgöttisch geliebt wird, man muss aber auch sagen, dass die dort produzierte Mucke nun auch nicht gerade zur bevorzugten Beschallung der Boardmitglieder gehört. Wenn es richtig knallen soll, werden irgendwo Einbußen gemacht. Diese Einbußen tun manch einem hier (und ich schließe mich nicht aus) fast körperlich weh, während Fans der Bands das evtl. nicht wahrnehmen oder komplett anders sehen. Es ist bei vielen jungen Nerds und Fans auch ganz und gar nicht verpöhnt, Drum-Software zu benutzen. Im Gegenteil, die interessieren sich eher sogar dafür, wie man den jeweiligen Sound aufgemöbelt hat und diskutieren darüber stundenlang in Foren.


Mir geht es da auch eher ein Stück um den Willen der benannten Bands, etwas gutes auf den Markt zu bringen vs mein Hörerlebnis vs das schnöde Geld, das unter Umständen verdient sein will. Um mal vielleicht von der für einige eher abstrakten Sounddiskussion zu einfacheren Gebieten zu wechseln: bei Covern ist das doch nicht anders. Inzwischen kann man oft die Formel "je größer die Band, desto banaler/mieser das Cover" anwenden. Wenn Gretchen Müller ein Killerartwork hinbekommen, warum dann nicht viele der Big Player, ich kann darin eigentlich nur Desinteresse sehen oder die Überlegung, das es schlicht niemanden interessieren wird, ausser vielleicht 2-3.000 Undergroundfans in Deutschland. Was dann schon ein trauriges Statement zum Thema "Kunst Schaffen" wäre.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 19. Januar 2020, 11:13

Naja, man vergisst eben auch oft, dass der eigene Geschmack eben meist nichts mit der Masse zu tun hat. Wenn du 100 Leuten die nicht mit der Band aufgewachsen sind, die neue und ne alte Candlemass vorspielst, gehe ich davon aus, dass die meisten wohl den aktuellen Release als den mit dem besseren Sound betrachten. Ich weiß nicht einmal, ob das bei mir nicht genauso wäre. Ich mag die neue Platte einfach von den Songs her schon nicht, daher hab ich sie nicht gekauft. Die Bands machen das dann sicherlich nicht um sich anzubiedern, sondern weil sie möchten, dass es eben so klingt.
Mit Covern ist das wohl ähnlich. Der eine findet es peinlich und plakativ, der andere geil.

Zwecks Rage. Da sie bei Steamhammer sind, wage ich dann doch zu behaupten: Da hat sich bestimmt absolut niemand in den Sound eingemischt. Die Band selbst sagt ja, dass sie dieses Mal versucht haben, das eben selbst vom Klampfer produzieren zu lassen. Ich hab sie noch nicht wirklich gehört, kann mir also keine Meinung erlauben
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon FnicK » 19. Januar 2020, 11:43

Ulle hat geschrieben:Nur falls es jmd. interessiert, das Album wurde von Gitarrist Marcos Rodriguez produziert. Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Label Einfluss auf die Produktion nimmt.


Das war auch meine Vermutung, dass Marcos der Herr der Dreh- und Schaltknöfe am Pult war, da ich aber, wie gesagt, die CD noch nicht habe, wollte ich noch nichts dazu sagen. In Sachen Ton ist Marcos schon lange kein Schüler mehr, und ist mit der Musik und mit dem Klang aufgewachsen, mit dem auch wir - ich rede hier von z.B. mir und Dr. Best - groß geworden sind, und er soll genau so gut wissen, wie eine angenehm produzierte Platte eben klingt.
Ich rede hier nicht von solchen Meisterwerken, wie Empire von Queensryche oder Dark Side of the Moon oder Wish You Were Here von Pink Floyd oder Hell Bend For Leather AKA Killing Machine von Judas Priest (ich mag den Sound dieser Alben sehr) oder generell von den Produktionen von Martin Birch, sondern von dem, was ein "normaler" Toningenieur nach mittlerweile über 50 Jahren der Gesamterfahrung des Soundengineering der westlichen Hemisphäre wissen sollte. Als ein Ingenieur aus einem anderen Bereich, weiß ich sehr genau, was heutzutage - selbst auf dem Normalen PC - möglicht ist, und was vor 20-30 Jahren nur die großen Player der Industrie herstellen konnten. Darum denke ich: Was vor 30-40 Jahren nur mit sehr viel Mühe möglich war, sollte heute durch den Einsatz morderner Technologien auch möglich sein, wenn auch nicht in der unglaublichen Perfektion, dann aber in einer sehr guten Annäherung.
Ich kann es mir nicht vorstellen, dass solche erfahrenen Musiker, wie z.B. Candlemass, es nicht hören, dass ihre neueste Platte unglaublich unangenehm klingt. Kann es denen vollkommen egal sein?! Ich weiß es nicht.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon FnicK » 19. Januar 2020, 11:48

Ulle hat geschrieben:Naja, man vergisst eben auch oft, dass der eigene Geschmack eben meist nichts mit der Masse zu tun hat. Wenn du 100 Leuten die nicht mit der Band aufgewachsen sind, die neue und ne alte Candlemass vorspielst, gehe ich davon aus, dass die meisten wohl den aktuellen Release als den mit dem besseren Sound betrachten. Ich weiß nicht einmal, ob das bei mir nicht genauso wäre. Ich mag die neue Platte einfach von den Songs her schon nicht, daher hab ich sie nicht gekauft. Die Bands machen das dann sicherlich nicht um sich anzubiedern, sondern weil sie möchten, dass es eben so klingt.
Mit Covern ist das wohl ähnlich. Der eine findet es peinlich und plakativ, der andere geil.

Zwecks Rage. Da sie bei Steamhammer sind, wage ich dann doch zu behaupten: Da hat sich bestimmt absolut niemand in den Sound eingemischt. Die Band selbst sagt ja, dass sie dieses Mal versucht haben, das eben selbst vom Klampfer produzieren zu lassen. Ich hab sie noch nicht wirklich gehört, kann mir also keine Meinung erlauben


Natürlich hast du Recht, dass der eigene Geschmak und der der breiten Masse verschiedene Sachen sind, aber es ist eine objektive Tatsache, dass eine Produktion, die es dem Hörer erlaubt, die einzelnen Instrumente wahrzunehmen, auch für die Wahrnehmung des eigentlichen musikalischen Materials verantwortlich ist, oder? Gerade bei Candlemass höre ich auf dem letzten Album leider nur Brei / fette Masse, die einfach nur drückt.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 19. Januar 2020, 12:53

Schwer zu sagen. Mir persönlich gefallen auch Produktionen, in denen man jedes Detail hört, aber es ist natürlich klar, dass es bei nem technischen DM-Album schwierig sein wird, bei zwei Gitarren und Drums auf 240 bpm einen Bass noch einigermaßen hörbar zu machen - abgesehen von diversen kleinen Licks die dann vom Beat weggehen. Oft ist er dann halt irgendwo mit dabei und man würde den Unterschied lediglich hören, wenn er tatsächlich komplett weg wäre.

Oder nehmen wir Devin Townsend. Das sind ganz objektiv betrachtet tolle Produktionen, die aber gerade davon leben, dass da konstant eine Wall of Sound auf den Hörer drückt. Da ist vor lauter Vocal-Effekten und 10-fach überlagerten, extrem gainigen Gitarren kaum noch irgendein Detail rauszuhören, aber genau das macht ja Devin Townsend zu Devin Townsend. Da ist im Endeffekt keinerlei Dynamik mehr vorhanden und das wird bewusst so gemacht. Fans von ihm mögen aber halt auch genau das.

ich denke es ist schwierig, eine professionelle Produktion komplett objektiv zu beurteilen, weil jeder unterschiedliche Präferenzen hat. Bei einer handwerklich schlecht gemachten Produktion ist es easy, weil man als geübter Hörer sofort raushört, wo überall Bockmist gebaut wurde. Umso schlimmer, wenn andere dann eben genau das loben.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Siebi » 19. Januar 2020, 13:17

Ulle hat geschrieben:...
Auch immer gerne genommen. Der Sound von der und der Classic Rock-Kapelle ist so geil und luftig, wieso schafft das Thrash Band XY nicht mehr? Na vielleicht weil sie Tonnen mehr an Gain fahren, 100 mal technischer zocken und die Bassdrum in 30 Sekunden öfter zu hören ist als auf allen Alben der ganzen 70s Retortenbands! Und warum macht man dann den Gitarrensound nicht so, wie damals? Weil man es vielleicht nicht will?
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Ein Totschlagargument gegen das andere. Es gibt gute mir gefallende Thrash-Produktionen und es gibt beschissene oder eben nicht gefallende. Ob das eine Drum-SW ist oder ein Mensch, am Schluss werden alle Signale irgendwo verfremdet. Aber es sollte klingen, nicht drücken oder schmerzen.

Nehme ich die immer noch aktuelle Them, kein Thrash, aber anspruchsvolle Musik bzw. viel Sound, weil viele Noten. Die Scheibe hat einen unangenehmen sterilen Klang in meinen Ohren, v.a. die Drums. Die Mär oder Tatsache, die Band wollte das so, ich würde entgegen gähnen. Sie konnte es evtl. nicht besser oder das Budget gab nicht mehr her oder was auch immer? Dass unterschiedlichste Musikstile unterschiedlichen Klangs oder Tricks' bedürfen, völlig okay und geschenkt. Dennoch entscheidet mein Gehör und damit mein Kaufverhalten.

Auch bei der von dir gemochten Disillusion gruselt mich der Klang der gegainten Rhythmusklampfen und Drums. Bei BTBAMs "Coma Ecliptic" oder VHBs "War Is Over" ist der Sound für mich eine Wonne, alles glasklar zu hören. Spielen jetzt auch nicht die einfachste Musik. Was machen die anders? Reine Budgetfrage? Wollten die anders? Konnten die anders?Müssig für den einen, für mich eine gern gestellte Frage an Bands und Tontechniker. Mich interessieren Aufnahmearten, -techniken, Signalbearbeitung sehr. Vom Songfragment bis zum Masterband. Wenn mir jemand die Kohle sponsert, würde ich gern in die Tontechnik lernend tiefer eintauchen. Neben der ultimativen Kanada-Reise mein oberstes Rentenprojekt.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 19. Januar 2020, 13:30

Tatsächlich mag ich die Disillusion von den drei Alben wohl rein was die Songs angeht am wenigsten, was aber immer noch reicht, um das Album super zu finden. Am Sound hab ich absolut null auszusetzen, an dem von BtBaM auch nicht. Ob Letztere ein höheres Budget hatten? Davon darf man ausgehen, zumal die Band gerade in den Staaten mittlerweile ne richtig große Nummer ist. Ob Disillusion mit größerem Budget anders klingen würden? Wahrscheinlich nicht so großartig, zumal die ja schon extrem detailverliebt an die Sache rangehen.

Manchmal muss man halt einfach damit leben, dass die eigene Meinung eine subjektive ist und nicht alles so easy läuft, wie man sich das vorstellt. Bei einer Produktion greifen eben auch extrem viele Räder ineinander, manchmal muss man Kompromisse machen, manchmal nicht. Man kann auch nicht einfach im Nachhinein dies oder das ändern, bloß weil man es vier Wochen später dann gerne anders gemacht hätte. Hin und wieder braucht man auch mal ein Quäntchen Glück, denn alles ist immer anders. Man lernt konstant dazu und fängt doch immer wieder von vorne an, weil man plötzlich vor komplett neue Tatsachen gestellt wird.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Siebi » 19. Januar 2020, 13:51

Völlig d'accord zum letzten Absatz. Belange des Künstlers und äußere Umstände wie Kosten, Erfahrung, Wissen, Möglichkeiten entscheiden über den Sound des Endprodukts, ich als potentieller Abnehmer über Ge- oder Missfallen und somit einem Kauf. Größte Enttäuschung aus meiner Fansicht, v.a. nach Olis versuchter Intervention und Ankündigung, ist in klanglicher Hinsicht die letzte Ashbury. Die Songs wären fein. Wurde wegen des unrühmlichen Schlagzeugsounds nicht erworben.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 19. Januar 2020, 13:59

Ja, das klingt erbärmlich. Ärgerlich ist da eben vor allem, dass das wirklich jeder, der auch nur ein bisschen Ahnung hat, am Rechner mal kurz hätte neu programmieren können - zumal ja sowieso gar nix gespielt wurde. Das ist dann auch so eine Produktion bei der klar ist, dass die aus Bequemlichkeit oder Faulheit verbockt wurde. Schon ein anderes Plugin hätte vieles besser gemacht, also eigentlich nur ein paar Minuten Aufwand. Man nehme auch die letzte Omen, da ist das ja genauso.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Acrylator » 19. Januar 2020, 15:27

Ulle hat geschrieben:Ja, das klingt erbärmlich. Ärgerlich ist da eben vor allem, dass das wirklich jeder, der auch nur ein bisschen Ahnung hat, am Rechner mal kurz hätte neu programmieren können - zumal ja sowieso gar nix gespielt wurde. Das ist dann auch so eine Produktion bei der klar ist, dass die aus Bequemlichkeit oder Faulheit verbockt wurde. Schon ein anderes Plugin hätte vieles besser gemacht, also eigentlich nur ein paar Minuten Aufwand. Man nehme auch die letzte Omen, da ist das ja genauso.

Ja, wobei es bei der letzten Omen nach Aussagen Kenny Powells ja nicht an Faulheit/Bequemlichkeit lag, sondern daran, dass er selbst versucht hat, aus (wohl ganz mies aufgenommenen) Samples das komplette Schlagzeug für die Scheibe selbst zusammenzubasteln (wenn ich das richtig verstanden habe), weil er seinen Wunschschlagzeuger oder eben niemanden dafür haben wollte. Aber wenn jemand, der Null Ahnung von der Materie hat, viel Zeit und Mühe in etwas investiert, kommt dabei unter Umständen eben trotzdem nichts besseres als bei "billig und schnell hingeschludert" raus...
In dem Fall besonders ärgerlich, da ich da bei einigen Songs die alte Magie wieder empfunden habe (was die Gitarren angeht), die der Band bereits ab "Escape To Nowhere" abhanden gekommen war. Aber beim schlimmsten Schlagzeugsound überhaupt bringt einem das dann auch nichts...
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Acrylator » 19. Januar 2020, 16:03

Dr. Best hat geschrieben:Mir geht es da auch eher ein Stück um den Willen der benannten Bands, etwas gutes auf den Markt zu bringen vs mein Hörerlebnis vs das schnöde Geld, das unter Umständen verdient sein will. Um mal vielleicht von der für einige eher abstrakten Sounddiskussion zu einfacheren Gebieten zu wechseln: bei Covern ist das doch nicht anders. Inzwischen kann man oft die Formel "je größer die Band, desto banaler/mieser das Cover" anwenden. Wenn Gretchen Müller ein Killerartwork hinbekommen, warum dann nicht viele der Big Player, ich kann darin eigentlich nur Desinteresse sehen oder die Überlegung, das es schlicht niemanden interessieren wird, ausser vielleicht 2-3.000 Undergroundfans in Deutschland. Was dann schon ein trauriges Statement zum Thema "Kunst Schaffen" wäre.

Ich kann das zwar nachvollziehen, bin da aber auch eher beim Ulle. Ich glaube, in vielen Fällen liegt das tatsächlich gar nicht unbedingt an Unvermögen (gerade bei größeren Bands), sondern schlicht daran, dass die einen anderen Geschmack als wir haben. Auch wenn es für mich heute schwer vorstellbar ist, klingt totkomprimierter Sound für viele eben fett und sogar "gut". Vor 20, 25 Jahren hab ich das auch noch anders wahrgenommen als heute, was ja auch an Hörgewohnheiten liegt.
Bei Coverartworks ist es genauso - viele mögen halt diese mit Effekten aufgeblasenen, aus bearbeiteten Fotos zusammengestellten, oft recht steril wirkenden Bilder und einige davon sind auch objektiv gar nicht schlecht gemacht, in manchen steckt sicher auch sehr viel Arbeit. Es gibt aber natürlich auch eine riesige Menge an billig und mit wenig Aufwand hingepfuschten Covern (gutes Beispiel: RAGE "21": da schätze ich, dass das Frontcover höchstens ein Tag Arbeit war, allerdings hat der Typ auch das gesamte Layout für das Album samt zusätzlicher Illustrationen im Booklet gemacht und - wenn ich einem Bekannten, der viel Kontakt zu Musikern wie Jörg Michael etc. hat, da glaube - für alles zusammen wohl nur 500,-€ genommen. Es ist also heutzutage sicher auch bei mittelgroßen oder vermeintlich "größeren" Bands oft eine Preisfrage, zumal die Albumverkäufe ja bei vielen älteren Bands auch massiv zurückgegangen sind).
Zuletzt geändert von Acrylator am 20. Januar 2020, 17:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon FnicK » 20. Januar 2020, 10:10

Ulle hat geschrieben:Oder nehmen wir Devin Townsend. Das sind ganz objektiv betrachtet tolle Produktionen, die aber gerade davon leben, dass da konstant eine Wall of Sound auf den Hörer drückt. Da ist vor lauter Vocal-Effekten und 10-fach überlagerten, extrem gainigen Gitarren kaum noch irgendein Detail rauszuhören, aber genau das macht ja Devin Townsend zu Devin Townsend. Da ist im Endeffekt keinerlei Dynamik mehr vorhanden und das wird bewusst so gemacht. Fans von ihm mögen aber halt auch genau das.


Ein sehr gutes Beispiel hast du da rausgeggriffen! Den guten Devin wollte ich als Beispiel für eine gelungene Wall of Sound nennen, allerdings steht sein Werk (zumindest für mich) sehr weit abseits des sagen wir mal "konventionellen" Metals. Sein gesamtsound ist für mich so etwas wie ein eigenständiges Instrument und ist von der Musik nicht trennbar bzw. hält alles zusammen. Rage dagegen kommen ja aus der Heavy/Speed/Thrash/Power-Ecke, wo es eher üblich ist, nicht wie Devin abzumischen bzw. zu produzieren. Damit hast du einen sehr wichtigen Punkt genannt: Die Alben sollen im Kontext des Genres betrachtet werden.

Ich habe mich gerade an dieses Interview mit Mike von Destruction erinnert (die Interessante Frage fängt bei 01:08 an):
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon Ulle » 20. Januar 2020, 10:55

Unabhängig von seiner Aussage auch geil, dass er, selbst wenn er richtig sauer ist, immer noch klingt, als würde er ne Gute-Nacht-Geschichte erzählen :lol:
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Re: Sonischer Kot des Jahres 2020.

Beitragvon FnicK » 20. Januar 2020, 11:09

Mike hat immer <3 bei mir. Und Riffs konnte / kann er noch schreiben.
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