von Hugin » 6. März 2007, 18:58
@ Goatstorm:
Folgende Punkte ohne entsprechend Quotes als Stellungnahme:
1.
Ich liebe den Underground und identifiziere mich mit der Tatsache, dass dort viele Bands aus Liebe zur Musik auch ohne Geld ihr Bestes geben. Entgeht mir definitiv nicht, weil ich selbst dort auch bestimmte (sogar viele) Bands tatsächlich unheimlich gerne mag. Ich kann nur die von MANCHEN (selbsternannten) UG-Verteidigern aufgestellten Kodizes nicht ab. Erneut: Diejenigen, die RAM wirklich lieber mögen als PRIEST, brauchen sich durch meine Aussagen nicht angesprochen fühlen. Die mein ich nicht. Ich mein genau die, die für die Underground-Credibility auch ihre Britney-Spears- oder Manowar-Sammlung verleugnen würden. Dass es die gibt, wirst du nicht bestreiten wollen. Ich greif die Klientel an, die Manowar oder Priest deswegen runtermacht, weil es im metallischen Underground derzeit zum guten Ton gehören scheint, und das sind - wie du selbst bemerkt hast - unheimlich viele.
2.
Dass jemand Ram wirklich und ehrlich lieber mögen kann als Priest, das akzeptier ich doch. Liest du meine Posts schon? Ich kann kaum noch öfter sagen, dass ich damit kein Problem hab. Ich hab nicht mal ein Problem damit, wenn jemand St.Anger Lichtjahre besser findet als Ride The Lightning. Es geht mir - wie immer - nur um die aus meiner Sicht unanständige Objektivierung "die SIND besser" statt "die FINDE ICH besser". "Die SIND die besseren Priest" ist für mich untragbar; mit "die finde ich besser als Priest" habe ich nicht mal ansatzweise ein Problem. Der Grund ist einfach der, dass ich bei objektivierten Formulierungen immer den Eindruck haben, dass sie schlicht dazu dienen sollen, Konflikte zu verbreiten und die "Verteidiger" der Gegenseite zu provozieren.
3.
Again: Ich akzeptiere das, was du sagst, so wie du es sagst. Nur nicht den von vielen gefahrenen theatralischen Auftritt mit einer Objektivierung, die ich für bescheuert halte, weil es keine besseren oder schlechteren Priest geben kann sondern eben nur einmal Priest; ob gut oder schlecht. Ram sind nicht Priest, weder die besseren noch die schlechtern. Sie sind Ram, und die darf man gerne für die geilste Band aller Zeiten halten, wenn man will.
4.
Was die Vorab-Kür zum Album des Jahres angeht, war das schlicht und ergreifend eine Prognose aufgrund meiner Erkenntnisse über mich selbst und mein Verhältnis zu den neueren Manowar. Ich fand den Earthshaker-Gig genial, ich fand WOTW genial und ich fand die seitherigen DVDs und Singles genial. Nun stellt sich die Frage, warum ich nicht mein persönliches Album des Jahres hätte erwarten sollen. Das würd ich sogar erwarten, wenn Eric Adams ein Soloalbum mit Country-Musik ankündigen würde; so sehr mag ich seine Stimme. Alle Indizien sprachen also dafür, dass es so kommen würde. Ich habe zum Teufel noch mal die Scheibe erst besprochen und beschrieben (bewerten tu ich aus meinem Selbstverständnis heraus nicht, weil ich Kunst prinzipiell für nicht bewertbar halte), als ich sie x-mal gehört hab. Vorher hab ich nur gemutmaßt, dass ich sie verehren werde. Nicht weil ich hellsehen kann, sondern weil ich mich kenne. Daran kann ich nichts anstößiges finden. Wenn meine Mutter sagt, dass sie nächste Woche mein Lieblingsessen kocht, geh ich auch einfach mal davon aus, dass ich es lieben werde. Natürlich könnt's ihr theoretisch auch mal anbrennen oder versalzen werden, aber davon geh ich zunächst mal nicht aus, wenn das vorher noch nie passiert ist.
5.
Die Ansicht, dass die Aussage "persönliches Album des Jahres" auch nur ansatzweise was mit einer Kaufempfehlung zu tun haben soll, halt ich für ausgemachten Quark. Vorletztes Jahr war mein Album des Jahres die aktuelle Sigh und ich bin mir sicher, dass ca. 95-98% der Leser meiner Rezension das Album gehasst hätten, wenn sie sich's gekauft hätten. Ändert nichts daran, dass es für mich die beste Scheibe aus 2005 war und ich auch ein Recht habe, das zu schreiben.
Ich habe in der Manowar-Rezi ÜBERHAUPT KEINEN Kauftipp abgegeben. Ganz bewusst in der ganzen Rezension nicht, weil ich genau WEISS, dass ca. 50% der Leser das Album aus den von mir klar genannten Gründen hassen würden. Mir geht die Einstellung ab, dass Gefallen meinerseits etwas objektiv Positives bedeutet. Dass ich eine Platte abgöttisch verehre heißt nicht, dass sie "gut" sein muss, genauso wenig heißt es, dass eine Platte "schlecht" sein muss, weil ich sie unerträglich finde. Wichtig in einer Rezension ist aus meiner Sicht immer nur das, was an objektiver Beschreibung da ist. Meine eigene Meinung ist so ziemlich das unwichtigste an einer Rezi, was ich mir vorstellen kann. Ich hab manchmal das Bedürfnis, sie zu äußern, aber ich käm nie auf die Idee eine Kaufempfehlung von meinem Geschmack abhängig zu machen.
Sag mir mal ganz ehrlich: Wenn DU persönlich meine Rezi von Anfang bis Ende liest, dann müsstest du - mit deinem Geschmack und deiner Einstellung - doch sofort wissen, dass du das Album nicht mögen wirst; auch WENN es für mich völlig genial ist. Wenn ich ein Review lese, in dem einer die neue Slipknot als Album des Jahres bezeichnet, dann weiß ich trotzdem, dass ich sie nicht brauche; also ist das für mich auch kein Kauftipp. Ich halte unsere Leser für mündig. Das heißt, ich geh davon aus, dass sie sich ein von mir besprochenes Album nicht kaufen, weil ich es geil finde, sondern weil sie die sachlich-objektive Beschreibung anspricht. Alles andere wär aus meiner Sicht völlig bescheuert.
6.
Was die jungen Bands angeht, die sich abrackern und keine Kohle verdienen, tun mir die auch leid. Ich unterstütze genügend solche Bands, aber das hat nichts mit Manowar zu tun. Und dass die neue Manowar "halbgar" ist, ist eben auch wieder nur deine Meinung und keine Tatsache. Genauso wie das mit dem Album des Jahres. Ist nur meine Meinung. Was soll ich denn machen? Soll ich das einfach nicht schreiben, nur weil das vielleicht eine bemitleidenswerte Kombo treffen könnte. Holy shit, es gibt nichts Unwichtigeres auf der Welt, als was Klein-Hugins persönliche Scheibe des Jahres wird. Wer die Aussage als Schlag ins Gesicht wertet, der muss mächtig gravierende Komplexe haben.
7.
Zu den einzelnen Kritikpunkten: Die hab ich - mit Ausnahme des Sounds, an dem ich mangels diesbezüglicher Sensibilität nichts auszusetzen habe - alle auch erwähnt. Daraus nur andere Konsequenzen gezogen, als viele Underground-Leute. Nicht weil ich meine mehr Ahnung oder einen besseren Geschmack zu haben, sondern weil es mich einfach nicht stört. Da kann ich wirklich nichts dafür. Es ist halt so. Ich seh aber nicht ein, dass ich das aus falscher Rücksichtnahme auf den Underground verleugnen soll.
8.
Zur Ehrlichkeit von Manowar kann ich kein Urteil fällen. Wikingertexte hatten die schon, als Amon Amarth noch Dreirad fuhren. Ihnen insoweit Trendanbiederung vorzuwerfen, find ich albern. Das mit dem Klassik-Metal ist auch grenzwertig. Joey ist sein Jahrzehnten bekennender Wagner-Fan und ich glaub einfach, dass er von seinen Schützlingen Rhapsody so begeistert ist, dass er sich von denen hat beeinflussen lassen. Wenn sich das Ergebnis gut verkauft, ist ihm das natürlich recht. Keine Frage. Ich weiß aber nicht, ob sich nicht ein "Kings Of Metal Pt. II" noch besser verkauft hätte, als die Mischung Manowar-meets-Rhapsody-in-a-classical-mood.
"It takes a thousand fans from any other band to make one Manowarrior!"- Sir Dr. Joey DeMaio, 2012
Primitivsoundkunst:
http://www.morbid-alcoholica.com/2016 A.Y.P.S. = 0 A.R.C.U.