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Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 7. Februar 2018, 00:35
von Acrylator
Dr. Best hat geschrieben:Um die doch überbordende Beteiligung etwas unter Kontrolle zu bekommen mal etwas, das weniger Menschen zusagt:

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DVNE - Asheran (2017, Schottland)

Manchmal bedarf es besonderer Umstände, um sich in ein Album zu verlieben: vor einiger Zeit endete ein konspiratives Treffen in Bier und Youtube-Glotzerei, bei der mich obiges Album völlig geflasht zurück lies. Und schneller als ich schauen konnte wurde mein unbedachter Einwurf, dass ich das gern mal live sehen würde 3 Wochen später in ein selber veranstaltetes Konzert zusammen mit den vom Siebi gewürdigten CRACKHOUSE, bei dem DVNE vor 25 Leuten vollkommen abräumten. Vollkommen.
Aber wie klingt das nun? Die Kurzversion wäre wohl "wie Sci-Fi Mastodon mit Cormorant-Einschlag", aber dann klickt jeder weg. DVNE schaffen es, über eine Stunde lang die gesamte Geschichte Hauses Arrakis akustisch umzusetzen und scheuen dabei den Ritt auf den Sandwürmern keineswegs. Epische Riffs brechen mit mörderischer Intensität auf den Hörer ein um im nächsten Moment in einem schönen ruhigen Fluss geworfen zu werden. Verhallte cleane Gitarren schwirren in den Kosmos, umgarnen die Sterne im Einklang mit einem über allem thronenden Gesang, um Sekunden später von leidenschaftlichen Growls abgelöst zu werden ('Viridian Blood' kann in der Hinsicht viel!). Schwer frickelige herrliche Prog-Parts lösen sich in bollernde geradlinige Sludge-Brocken auf ('Thirst'), die nur die Bene Gesserit geschickt haben können. Die Musik kommt dabei keineswegs willkürlich oder effekthascherisch daher, sondern behält kontinuierlich den berühmten roten Faden, der sich wie das Spice durch alle Kompositionen zieht.
Hört euch nur mal den superben, verträumten Anfang von 'Descent of the Asheran' an. Verrückt, wen das nicht verzückt, umsomehr bei der sich Wandlung nach 3,5 Minuten vom ohrwurmeligen Mitsingpart zum sich langsam aufstauenden Wut-Prog und zurück. Wie die Ausläufer einer Galaxie breiten sich die Gitarrenläufe in aufspiralisierenden Bahnen ihren Weg und fegen unterwegs jeden Zweifel darüber weg, dass das hier mein Prog-Album des Jahres war. Unbedingt anhören!

(9,031/10, Stand 06.02.2017)
Hören: https://songs-of-arrakis.bandcamp.com/

Liest sich sehr interessant und das Cover ist großartig! Da muss ich gleich mal reinhören!

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 7. Februar 2018, 00:53
von Acrylator
Boah, das ist richtig geil! Ein wenig wie eine Mischung aus Mastodon und Tool, aber auch mit genügend Eigenständigkeit!
Ich glaube, die LPs muss ich haben... (und das, obwohl ich mit den hier auch als Vergleich genannten Cormorant irgendwie nicht viel anfangen konnte - da hat mich irgendwie nichts gepackt, nur die Artworks finde ich toll)
Wie ist das bei Bandcamp eigentlich nochmal mit den Preisen? Ist das schon inklusive Versand?

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 7. Februar 2018, 15:38
von Dr. Best
Acrylator hat geschrieben:Boah, das ist richtig geil! Ein wenig wie eine Mischung aus Mastodon und Tool, aber auch mit genügend Eigenständigkeit!
Ich glaube, die LPs muss ich haben... (und das, obwohl ich mit den hier auch als Vergleich genannten Cormorant irgendwie nicht viel anfangen konnte - da hat mich irgendwie nichts gepackt, nur die Artworks finde ich toll)
Wie ist das bei Bandcamp eigentlich nochmal mit den Preisen? Ist das schon inklusive Versand?

Yay, noch einen eingefangen :smile2: das ist aber auch süchtig machender Stoff irgendwie.
Bei Bandcamp kommt der Versand noch drauf, da ja regional Abhängig.

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 12. Februar 2018, 10:33
von Silver Bullet
Dr. Best hat geschrieben:Um die doch überbordende Beteiligung etwas unter Kontrolle zu bekommen mal etwas, das weniger Menschen zusagt:

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DVNE - Asheran (2017, Schottland)...
Hören: https://songs-of-arrakis.bandcamp.com/


Das klingt toll! <3 :yeah:
Und das Thema erst <3 <3 <3
CD im März ? *aufkauflistesetz*

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 12. Februar 2018, 13:47
von hellstar
Da schlage ich auch mal zu!

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 12. Februar 2018, 14:03
von Killmister
Ich habe die Band ja auch live erlebt, aber es rauscht ... vorbei :ehm: .

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 12. Februar 2018, 14:08
von Hofi
Killmister hat geschrieben:Ich habe die Band ja auch live erlebt, aber es rauscht ... vorbei :ehm: .

Dann hat unser Dr. Best in seiner Vorstellung aber gelogen oder sich ganz entscheidend geirrt.
Er schreibt nämlich, dass die Band ausnahmslos abgeräumt hat. Das ziehe ich jetzt nach deiner Aussage stark in Zweifel, denn du bist jetzt ja schon die Ausnahme.

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 12. Februar 2018, 17:28
von Killmister
Hofi hat geschrieben:
Killmister hat geschrieben:Ich habe die Band ja auch live erlebt, aber es rauscht ... vorbei :ehm: .

Dann hat unser Dr. Best in seiner Vorstellung aber gelogen oder sich ganz entscheidend geirrt.
Er schreibt nämlich, dass die Band ausnahmslos abgeräumt hat. Das ziehe ich jetzt nach deiner Aussage stark in Zweifel, denn du bist jetzt ja schon die Ausnahme.

Ich stand hinterm Tresen, habe ein paar Biere gezischt und schon meinen Spaß. Heute habe ich mal über BC gespickt und da war halt nix ...

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 16. Februar 2018, 21:14
von Dr. Best
Nachdem zur letzten Scheibe doch tatsächlich mehr als Einer (sorry, Meister Cromwell!) begeistert war, hat mich der Übermut gepackt und ich versuche ganz billig die Erfolgswelle zu reiten. Daher mal etwas mit mehr Forums-Konsens:

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Destiny's End - Transition

Eine der Scheiben, die ich "damals als junger Bub" im Rock Hard kennengelernt habe. Wenn ich ehrlich bin, hauptsächlich durch das Cover und diverse semi-dämlichen Antworten im Interview ("mich erinnert unsere Musik ja immer an Mozart und Beethoven. Wenn die halt US-Metal gemacht hätten. Meine Frau mehr an Krach." oder so). Also auf zum Media Markt, reingehört und Gesicht abgeschmolzen bekommen.
Jetzt ernsthaft, wie viel mehr :yeah: kann man in eine Scheibe packen? Nach einem kurzen "Roboterstimmen"-Intro startet die Scheibe mit Ninjaschwert-Riffing in Lichtgeschwindigkeit, die Gitarren surren und plötzlich setzt der Rivera mit fast beschwörerisch mit einer Wahnsinnspower ein. Ist der Song mit all seinen Micro-Soli geil, kommt danach "The Watcher" und zeigt: es geht noch mehr, das ist schon :yeah: :yeah: Ab da geht es Song auf Song, Schlag auf Schlag. Hart, direkt, schnell, unbarmherzig, frickelig aber gleichzeitig dermaßen songdienlich, melodisch, mit unfassbar tollen Gitarren- und Gesangshooks versehen zersägt einen das Album förmlich. Dabei ist es egal, ob man den brillianten Gitarren zuhört, die sich wie zwei wahnsinnige Eichhörnchen auf Coffein-Diät durch die Gegend jagen, Haken schlagen zwischen bretternden Riffs, prägnanten Leads und verqueren Shreddersoli. Oder ob man doch lieber dem Gesang lauscht, der über allem souverän thront, in allen Tonlagen ein Volumen an den Tag legt, das ich nicht in dreien erreiche und mit ankerdicken Mitsingködern wirft. Dass die Screams hier perfekt getimt in Szene gesetzt sind, setzt ihm noch ein Krönchen auf. Man muss doch nur einen Song wie "First You Dream, Then You Die" mit seinen Wechseln aus speedigen Zwischenparts, epischer Bridge und hibbelig-nervösen Feinheiten anhören; sowas bastelt man wohl nicht oft im Leben.
Dass man bei all der testosterongeschwängerten Muskelschau nicht irgendwann im "Höher, Schneller, Japps" ankommt ist wohl einerseits dem tollen Songwriting mit haufenweise Abwechslung und ruhigeren, reduzierteren Parts ("Vanished" am Ende!!) als auch der Produktion geschuldet, die geschickt Dynamik aufbaut, die Gitarren messerscharf und den Bass prägnant (!) aus den Boxen wuchtet.
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich kurz drauf gleich beide Scheiben der Band daheim hatte? Da fällt die Wertung einfach:

(9,53 :yeah: / 10 :yeah: , Stand 16.02.2017)
Hören: Ach, habt ihr eh alle daheim, oder?

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 16. Februar 2018, 21:58
von Pavlos
Schön, dass du wieder hier bist, Doc. Und wenn dann noch solche awesome Granaten gefeaturet werden, dann sind wir alle on the same page, um es mal mit Denglish-Michi-Schenkers Worten zu sagen.

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 19. Februar 2018, 13:30
von Dr. Best
Pavlos hat geschrieben:Schön, dass du wieder hier bist, Doc. Und wenn dann noch solche awesome Granaten gefeaturet werden, dann sind wir alle on the same page, um es mal mit Denglish-Michi-Schenkers Worten zu sagen.

Well, ist mir ein pleasure, euch hier ein wenig zu entertainen, besonders, bei dem enormen Echo! Hat ja leider auch viel zu lange gedauert, bis Zeitmangel und Fitness es zugelassen haben :yeah:

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 19. Februar 2018, 19:44
von Cromwell
Because
you know he aims to please
bring you to your knees
It's a Doctor, it's a Doctor

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 11. März 2018, 20:44
von Dr. Best
Silver Bullet hat geschrieben:
Dr. Best hat geschrieben:Bild

DVNE - Asheran (2017, Schottland)...


Das klingt toll! <3 :yeah:
Und das Thema erst <3 <3 <3
CD im März ? *aufkauflistesetz*

Übrigens ist es soweit und man kann das Album jetzt auch Compact Discen. Nur sind leider die tollen Shirts mit orangenem Print weg....

Re: Dr. Bests Review-Ecke

BeitragVerfasst: 11. März 2018, 22:55
von Dr. Best
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https://camelofdoom.bandcamp.com/album/psychodramas-breaking-the-knots-of-twisted-synapse

Camel Of Doom - Psychodramas: Breaking the knots of twisted synapse
(2011, England, Manchester)

Jaja, wieder schrullig-extravagante Musik, und einen blöden Namen hat's auch noch. Alles richtig, aber damit sind für mich alle Kritikpunkte schon durch.

Camel of Doom, um die Namensfrage vorweg zu nehmen, wurden 2000 vom damals zarte 12 Jahre alten Chris Clayton und Freunden in England gegründet um psychedelischen Stoner/Doom zu spielen. In wechselnder Besetzung wurden so bis 2004 ein Album und zwei EPs eingespielt und haufenweise Liveauftritte absolviert, die oft auch in langen Jams endeten. 2004 stieß ich dann per Zufall auf die Band und ihren Song 'Earth Hammer' der selbstbetitelten EP und wurde sofort weggeblasen: hypnotisch windet sich der Song seinen Weg, passiert cyclisch ein wiederkehrendes Motiv, mäandert durch ruhige, von cleanen Gitarren und prächtigen dominanten Bassleads bewohnte Gefilde, in deren Brandung sich farbenfrohe Ambient-Soundflächen paaren bis man nach 10 Minuten plötzlich von einer Klippe in dicke Gitarrenwasserfälle fällt und unerwartet während dem Sturz Gesang aus dem Weltall zugeechot bekommt. Das früh und unerwartet einsetzende, frivol alle Erwartungen sprengende Saxophon, das ein reichhaltiges Menu von loungig-jazzigen Hors d'œuvre und Melodiefadenspaghettie mit spacetrippender Reverbtomatensauce serviert, schlägt dabei wacker den Spagat aus leithammelndem Verbindungsoffizier und endgültigem, finalen Hirnschmelzer. Ein Traum!

Zeitsprung in das Jahr 2010. Noch immer fabuliere ich in fiebrigen Träumen von dieser ominösen Band und ihrem Song, als ich überraschend erst die Neubearbeitungen einiger Altlasten namens "Diviners Sage" finde, als auch die Ankündigung eines neuen Albums, das Chris alleine aufnehmen will, aber aus personellem Engpass weitgehend entsaxifiziert sein soll. Skepsis macht sich breit. Ein halbes Jahr später flattert plötzlich ein erster Song nebst Intro in meinen Facebook-Feed, welches sofort mit schweisbefeuchteten Ohren belauscht wird. Leider ohne Sabberlatz, wie sich schnell zeigt.

'To purify the air' stellt einen prima Schleudersitz in den nächsten ambient-verhangenen, flächigen Galaxienebel dar, bevor dort 'The Anger of Anguish' urplötzlich das Hirn von lechts auf rinks zu drehverhen droht. Wuchtige, massive, kosmische Lavastromgitarren ergießen sich über den Hörer, sonnenwindbetriebene Keyboards fließen, zerschmelzen, zerlaufen regelrecht, nur um etwas später in ein malmendes, zermürbendes Riff mit darüberliegendem heißerem, voluminösem Gesang zu münden. Zöge man die Briten ESOTERIC als Punkt der Soundtriangulation zu Rate, wäre dies naheliegend, half Mr. Clayton doch einst Live an den Gitarren; auch YOB wäre eine Landmarke. Doch exakt wenn man es sich in der aufgestellten Groovefalle gemütlich gemacht hat, klärt die Stimmung urplötzlich auf, über cleanen Gitarren zerbricht behutsam wie ein Sonnenstrahl in einem Eiskomet eine dahingetupfte Saxophonmelodie und gräbt sich tief in die Seele. Insbesondere die Mitte des Songs reminisziert heftig mit dem Erdenhammer von 2004 und hält genug psilocybinhaltige Keyboards für 2 besiedelte Planeten bereit.

Und auch der weitere Verlauf des Albums fühlt sich konstant an, als würde man versuchen, die Bewegung des Weltalls zu verlangsamen und suhlt sich dabei gern mal im gleichen Sumpf aus dem einst NEUROSIS ihre Sample-geschwängerten Großtaten zauberten. Monumental-Epen wie das über 21minütige 'The Machines Of Annihilation' oder 'Self-Hypnosis II' verknüpfen dabei ranzige Andockpunkte aus Doom, Sludge, 90er Death Metal unglaublich geschickt mit entrückten Spacerock-Traumtanztrips. Sowohl der Gesang als auch die eingestreuten kurzen Zwischenstücke lassen so immer wieder das Gefühl einer meditativen Reise durch Raum, Zeit und sein inneres Selbst aufkommen.

Unterstützung erhält dieser Eindruck vom das Album überspannenden textlichen Konzept, in welchem der Bandkopf erzählt, wie er mit Hilfe diverser Meditationspraktiken und okkulten Riten seinem selbstzerstörerischen, drogenverhangenen Selbst zu entkommen sucht, um die Kontrolle über sich selbst zurück zu erlangen. Überraschender Zentralpunkt der Reise stellt dabei für mich das wütende, gerade mal 2,5 Minuten umfassende, GODFLESH-artige 'Self-Hypnosis I' dar, das mit fiesen Doublebass-Attacken unerwartet den Hörer hinterrücks überfällt. Die Verzweiflung und Wut über derzeitigen Zustand, gewünschte Lösung und dem Weg dorthin werden hier greifbar:

Freedom through
Self Hypnosis
Freedom of Emotion
Break the knots
Of Twisted Synapse
Toward the common the goal

Self Hypnosis
Empowered by fiction
Lie to yourself
And Live Your Own Will!

Liest man das, man könnte das Album als esoterischen Selbstfindungs-Drogentrip abtun. Doch, das ist schlicht Quatsch, das spannende, seine Einflüsse geschickt weiterspinnende Songwriting geht weit über die textlichen Ergüsse hinaus und bietet genug für Liebhaber der angesprochenen Bands. Wer sich mit dem Album befasst und bereit ist, sich auf die Reise mitnehmen zu lassen, bekommt noch ein paar Erdnüsschen für die Reise obendrauf.

Geschrieben 11.03.2018 auf einer turbulenten Fahrt von Hamburg nach Hause.
Note: 9,63