RUNNING WILD – Under Jolly Roger (1987)"Was ist denn jetzt kaputt?", werden sich viele beim Anblick von "Under Jolly Roger" im Jahre 1987 gedacht haben. Auf dem Cover prangt ein Piratenschiff und auf dem Backcover sind Rolf und seine Mannen fein säuberlich in hübschen Piratenkostümchen gezeichnet. Das Innersleeve zeigt die Texte auf Pergamentrollen und auf der Rückseite ist eine Schatzkarte abgebildet. RUNNING WILD goes Karneval? Anscheinend.
Zur Veröffentlichung ernteten die neuen Piraten in der Metalpresse (u.a. RockHard und Metal Hammer) mit "under Jolly Roger" vornehmlich Verrisse. Da haben die Kollegen der werten Journaille sich aber mehr von der Verpackung leiten lassen, denn musikalisch ist das Gebotene gar nicht sooo weit weg von den Vorgängern. Das Songwriting ist größtenteils stark und die Gitarren braten ordentlich. Seine beste Gesangsleistung liefert Rolf allerdings nicht ab.
Das Titelstück ist wohl der bekannteste Song der ganzen RUNNING WILD-Historie. Wenn der Durchschnittsmetaller den Namen RUNNING WILD hört, denkt er unweigerlich an "Under Jolly Roger".
Fly our flag, we teach them fear
Capture them, the end is near
Firing guns they shell burn
Surrender or fight there's no return
Under Jolly Roger Wie bei den meisten Bands ist der bekannteste Song zwar nicht unbedingt der beste, aber stark ist er schon. Nach dem treibenden "Under Jolly Roger" kommt mit "War In The Gutter" ein typischer RUNNING WILD-Holzer. Einen Innovationspreis gibt es fĂĽr den Song zwar nicht, aber ein Schnitzel schmeckt ja auch. Es muss nicht immer Rumpsteak sein.
Um einiges stärker wird es aus meiner Sicht wieder mit dem effektiven Biker-Song "Raw Ride" (aha, es ging nicht nur um Piraten), das am Ende wieder mit schönen Leads glänzt.
Nun folgt einer meiner Favoriten! "Beggar's Night" ist mächtig, sphärisch und prescht herrlich nach vorne. Welchen Einfluss RUNNING WILD vor allem auf die skandivische Metalszene hatten, wird hoffentlich keiner bestreiten. Zweifler dürfen gerne mal "Beggar's Night" und "Override The Overture" von DISMEMBER nacheinander anhören.
Die B-Seite wird mit "Raise Your Fist" eröffnet. Konsequenterweiser würde man diesen Song als Rausschmeißer der Platte erwarten, denn er ist der legitime Nachfolger von "Prisoner Of Our Time" und "Chains And Leather" - eine Hymne mit einem melodisch und textlich überragenden Refrain.
Come on kids unite and let us feed the flames of rage
Together we are strong so let's tear up this golden cage
We shall overcome repression and their strangling strings
The shackles have to fall and we will be metallian kings
Raise your fistBei "Land Of Ice" drosseln RUNNING WILD das Tempo, was an der Stelle aber richtig gut zum Album passt. Mit "Diamonds Of The Black Chest" wird es dann wieder eher RUNNING WILD-typisch bevor das schnelle "Merciless Game" als schwächster Song das Album schon beschließt.
Unter dem Strich ist "Under Jolly Roger" ein gutes Album, das bei genauerer Betrachtung aber nicht an seine beiden Vorgänger rankommt. Ich würde es als Übergangsalbum bezeichnen, meine das allerdings nicht abwertend.