Thunderstryker hat geschrieben:Verzeiht die späte Antwort; in Hrvatska ist Internet reine Glückssache..
Sooo, dann mal an's Werk. Die ambitionierte Wahl fällt auf ein Album, das wahrscheinlich keiner Rezension bedarf, weil alles dazu gesagt ist und das gleichzeitig auch über jeder Rezension steht, weil ihm keine gerecht werden kann. Aber es ist auch ein missverstandenes und durchaus verklärtes Stück Musik, zu dem ich hier Worte verlieren möchte. Es ist womöglich auch zu naheliegend, dass ich es wähle, denn welches Album liegt mir schon näher als "Operation: Mindcrime"?
Der historische Aufbau zu dem Machtwerk ist nicht nur interessant, sondern in meinen Augen auch zu einem gewissen Grad nötig, um es ganz zu verstehen. Nachdem Myth-Sänger Geoff Tate sich 1982 für drei junge Recken namens Chris DeGarmo, Michael Wilton und Scott Rockenfield statt für seine bis dahin "feste" Band entschied und man Eddie Jackson an Bord holte (hierzu variieren die Darstellungen, wobei diese als wahrscheinlich gilt, da sie sowohl von DeGarmo, als auch von Tate vertreten wird), landete man mit der nach dem Bandnamen Queensrÿche betitelten EP einen ungeahnten Erfolg; besonders in Japan verkaufte sich die Platte enorm und auch in Europa schien man den richtigen Nerv getroffen zu haben. Dass ausgerechnet "The Lady Wore Black", das am wenigsten auf den EP-Sound passende Stück, die einzige Komposition, die in Kooperation der gesamten Band entstand, war, zeigt offenkundig, dass man vom konventionellen Sound wenig hielt, denn auch wenn "The Warning" über weite Strecken im Stil von "Nightrider" und der legendären "Queen Of The Reich" gehalten ist, findet das Quintett seinen hauseigenen Sound erst mit "Rage For Order". Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist es kein konfuses Experiment-Werk; dieser Titel gehört tatsächlich dem Debüt, das verschiedenste Songwriter-Kombinationen zu Songs zeigt, die man später, ausdrücklich nicht nur von Tate, sondern auch von DeGarmo 1997 vor seinem Ausstieg und Michael Wilton zur Zeit des "Take Cover"-Albums, "unreif" genannt bekommt. Hinzu kam der unbefriedigende Sound, der mehr Wert auf das Schlagzeug legte, als vorgesehen war. Auf "Rage For Order" haben wir nun die Situation, dass jedes Bandmitglied sich individuell ausleben kann und durch Zusammenarbeit mit der gesamten Band keine zu sehr aus dem Rahmen fallenden Kompositionen liefert. Auch, wenn das Booklet Anderes behauptet, stammen die meisten Riffs von Michael Wilton, der später als der "Riffschreiber" in der Band angesehen wird, während die Melodien größtenteils auf DeGarmos und die Texte auf Tates Konto gehen.
Soweit die Vorgeschichte. "Operation Mindcrime" beginnt mit dem Druck, ein neues Album veröffentlichen zu müssen und findet seinen substantiellen Anfang bei Tate, der bei einem Kirchenbesuch aus der Laune heraus die heilige Eingebung zu dem Grundkonzept bekommt. Nach einigem Feilen steht das Grundgerüst der Lyrics also vor dem ersten gespielten Ton des Albums, das manchmal als erstes Progressive Metal-Album der Welt bezeichnet wird. Und hier beginnt der Mythos; weder ist das Album progressiv, noch ist es wirklich Metal. Und schon gar nicht ist es "erstes". Es ist durchweg sehr komplex arrangiert und bietet Tricksereien, die dem ungeschulten Ohr das Gefühl geben, etwas Progressives zu hören, aber im Endeffekt handelt es sich "nur" um sehr wertigen Hard Rock...
Sehr ausführlich und gut geschrieben, hast tatsächlich mein Interesse geweckt, mich nochmal mit der Scheibe auseinanderzusetzen!
Als ich Queensryche kennengelernt habe, war ich ja gerade in meiner absoluten US (Power) Metal Phase (ca. 1994?), da kam mir die Debüt-EP stilistisch und qualitativ natürlich sehr entgegen, aber schon von "The Warning" war ich damals etwas enttäuscht, da der Sound sehr dünn und unmetallisch wirkte, da fehlte einfach jegliche Power. An die Sachen danach hab ich mich dann gar nicht erst rangetraut. Und da so ca. 1996/97 in meiner damals gerade entdeckten (und sich dann zu meinem Stammladen entwickelnden) Metaldisco in Bremen "Eyes Of A Stranger" und "I don't Believe In Love" dann eh ständig liefen, woraufhin ich mich fragte, was daran denn nun Metal sei, war das Thema Queensryche für mich endgültig erledigt. Das war für mich immer eher Mainstream-Hardrock, der mich als Underground-Metalfan so gar nicht begeistern konnte (was den Stil angeht, haben wir offenbar dieselbe Wahrnehmung, hab mich immer gewundert, warum das oft als Progressive oder gar Power Metal bezeichnet wurde).
Inzwischen bin ich stilistisch ja eine Ecke offener und hab eben nochmal alles, was ich von dem Album finden konnte (ja, ich gehöre tatsächlich zu den Wenigen, die dieses Album trotz großer Rock-/Metalsammlung nicht besitzen) angehört. Tatsächlich gefallen mir einige der Stücke jetzt sehr viel besser als es damals der Fall gewesen ist/wäre (kannte ja nicht alles) und mit "Speak" ist ja auch doch noch ein "richtiger" (und wirklich sehr guter) Metalsong drauf. Auch "Suite Sister Mary" weiß zu gefallen, wobei es mich noch nicht so richtig gepackt hat. Aber vielleicht lege ich mir das Album jetzt doch mal zu, von der Stimmung her gefällt es mir schonmal besser als sein Vorgänger (zu meinen Lieblingsalben wird es allerdings sicher nie gehören).