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Re: Der SAXON Thread

BeitragVerfasst: 12. Mai 2017, 12:06
von Siebi
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2004 steht beim angelnden Sachsen das Löwenherz im Vordergrund. Die Three Lions inklusive teutonischem Trommler namens Jörg Michael und produzierendem Heinzi Bauerfeind starten mit "Witchfinder General", einem gediegenen schnelleren Double Bass-Kracher, der Mr. Hopkins' gruslige Exekutionsmethoden musikalisch rau untermalt. Ein gelungener Start, dem das eher unspektakuläre "Man And Machine" folgt. Ist okay, aber es fehlt am hakenden Refrain. Nach einem kurzen Zwischenspiel ist nun Richard, das Löwenherz, an der Reihe. Heroischer Beginn, jedoch plätschert das Stück in den Strophen eher vor sich hin. Der Text beruht auf Richards Regentschaft des ausgehenden 12. Jahrhunderts. Mit dem Solo wird der Härtegrad kurz nach oben gezogen, bevor es wieder plätschert. War der Richy so ein Luschi? Begeisterung klingt anders.

"Beyond The Grave" ist die Single, leider auch eher handbremsig unterwegs. Wenn die Gitarren offen gespielt werden, passt's, ist aber in der Ausrichtung eher eine laue Hardrocknummer, einzig Biffs Gesang reißt es raus. Das folgende "Justice" ist meins, schnelle Riffs und Chords werden gespielt, das Teil hat mehr Dreck unter den Saiten, einige kleine Breaks lockern auf, feinifein. In "To Live By The Sword" prügelt Her Michael seine beiden Bassdrums durch, der zweistimmige Chorus ist gefällig, das Stück schiebt saitentechnisch bestens an, Biff screamt den Titel schön nach oben, das ist Heavy, das ist Metal!

Im letzten Drittel sind die "English Men O' War" im klassischen Saxon-Uptempo unterwegs, das im Solo stampfig wird, bevor es wieder zurück zum Drive geht. Da ein Refrain fehlt, in einer Bridge eine Art unspektakulärer Pre-Chrous als Wiederkehr kommt, ist das Stück schnell wieder vergessen. Groovig wird's mit "Searching For Atlantis", in den Strophen hart geschrubbt, im Chorus eher lau bremsig. Nicht unbedingt ein prädestiniertes Livestück, also da, wo Saxon ihre Stärken haben, auf der Bühne. Den Abschluß bildet das acceptig stampfende "Flying On The Edge" wo sie heading out to Deutschländ oder touching down in Dortmund und irgendwie bin ich froh, dass die Platte gleich zu Ende ist. Hm.

Tja, was soll ich sagen? Meine Scheibe ist "Lionheart" nur bedingt. Nicht schlecht, weder Fisch noch Fleisch, hat sie nicht den Hauch einer Chance in meiner Gunst gegen die geniale "The Inner Sanctum". Hofi, Ernst, Aftermath und andere sehen und hören anders. Also auf, was verzücket euch hier ekstatisch saxonatisch?

Re: Der SAXON Thread

BeitragVerfasst: 12. Mai 2017, 14:14
von Loomis
Ich finde die Lionheart auch nicht so super, da gefällt mir von den Spätwerken die "Call to Arms" viel besser.

Re: Der SAXON Thread

BeitragVerfasst: 12. Mai 2017, 23:23
von Jhonny D.
Von den Alben nach "Unleash The Beast" ist die "Lionheart" tatsächlich meine liebste SAXON. Wirklich schlecht finde ich die Band zwar nie, aber was ich an "Lionheart" schätze ist der hohe Ohrwurm-Faktor (beim Titeltrack oder dem Hexenfinder-General beispielsweise). Da bleibt einfach sofort viel hängen, ich lege die Scheibe auf und fühle mich sofort zu Hause. Bei vielen anderen SAXON-Scheiben der letzten 20 Jahre stellt sich dieses Gefühl zumindest nicht sofort ein.
Ich mag auch das Artwork und finde, dass das Album auch gut produziert ist.

Re: Der SAXON Thread

BeitragVerfasst: 17. Juli 2019, 12:16
von Siebi
Hier darf es weitergehen. Anlass ist The Aftermaths Best Of-Liste aus dem DFF.

Spoiler: show
Surviving Against the Odds: The Best Of SAXON, 1991-2011

1. Forever Free (1992)
2. Iron Wheels (1992)
3. Nighthunter (1992)
4. Burning Wheels (1995)
5. Hold On (1995)
6. Yesterday's Gone (1995)
7. Unleash the Beast (1997)
8. Terminal Velocity (1997)
9. The Thin Red Line (1997)
10. Ministry Of Fools (1997)
11. The Preacher (1997)
12. Bloodletter (1997)
13. All Hell Breaking Loose (1997)
14. Conquistador (1999)
15. All Guns Blazing (1999)
16. Sea Of Life (1999)
17. Killing Ground (2001)
18. Coming Home (2001)
19. Hell Freezes Over (2001)
20. Dragon's Lair (2001)
21. Deeds Of Glory (2001)
22. Rock Is Our Life (2001)
23. The Return / Lionheart (2004)
24. Justice (2004)
25. To Live By The Sword (2004)
26. State Of Grace (2007)
27. Red Star Falling (2007)
28. I've Got To Rock (To Stay Alive) (2007)
29. If I Was You (2007)
30. Ashes To Ashes (2007)
31. Live To Rock (2009)
32. Come Rock Of Ages (The Circle Is Complete) (2009)
33. Hammer Of The Gods (2011)
34. Surviving Against The Odds (2011)
35. Call To Arms (2011)
36. Chasing The Bullet (2011)
37. Afterburner (2011)
38. Ballad Of The Working Man (2011)

Somit kommt als nächstes der killende Grund und Boden zu Ehren. Am Wochenende soll es sein.

Re: Der SAXON Thread

BeitragVerfasst: 27. April 2020, 11:55
von Siebi
Hier wollte ich noch schreiben. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Man kommt zu nix. Bevor mit dem Saxen aus Britannia fortgefahren wird, nehme ich Biff Byfords Soloalbum zum Anlass einer buchstabigen Tastaturquälerei.

Um was geht's? Um Sangessympathikus Biff Byford mit "School Of Hard Knocks", seinem ersten Soloalbum, das vor wenigen Wochen erschienen ist. Die CD ist bestellt, wartet auf Zustellung, dank File-Ripperchen lief die Scheibe bereits mehr als 10x. Ein erstes Fazit sollte erlaubt sein.

Hier das Cover. Gefällt mir. Hat was von Ali Mitgutschs Wimmelbilderbüchern.
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Biff auf Solopfad. Braucht's das? Gleich vorweg. Und wie!!!! Den Einstieg der elf harten Schläge, die die Schule des Lebens bereithält, bildet "Welcome To The Show" mit unterlegtem Eingangsklatschen imaginärer Fans und einer melodischen Gitarrenharmonie a la "We Will Remember". Der Trommler steigt mit den Klampfen ein und es offenbart sich ein fetter aber nicht zu gestylter Sound. Ein fröhlicher Rocker, der sicherlich zukünftige Konzertabende einläuten wird. Der Text, wie viele im weiteren Verlauf, erzählt von Biff, seinen Gefühlen und Erfahrungen auf dem Weg zum Menschen, der er heute ist. Wie ich sowas schätze!

Mama spielte Klavier, Papa war der malochende Trinker, hielt die Familie zusammen, so die freie Übersetzung aus dem Titelstück. Ebenfalls ein schöner Powerrocker, der Saxon ebenso gut zu Gesicht stünde. "Being in a band is harder than you think". Ja, ich glaub das sofort. Mir genügte schon die Proberaumbanderfahrungen mit wenigen Konzerten im Umland. War nicht wirklich meine Welt "Rockstar" zu werden. Biffs schon und der Weg war steinig. Schönes Solo, feine Bridge, Ende.

"Inquisitor" ist ein mit dezenten Gitarren angereichertes gesprochenes kurzes Intermezzo. Es mündet in "The Pit And The Pendulum", das sich etwas verschachtelter im Arrangement zeigt. Dynamischer Songaufbau, akustische Sechssaitige zupfen, Break, es stampft breitbeinig. Der Song ist wie für eine Gitarrenarmada gedacht. Da wurden einige Spuren verbraten. Die Soli erfüllen alle Ansprüche, hier und da gedoppelte Vocals und ein paar eindringliche Darkness-.... Madness-..., Sadness...-Reimzeilen kulminieren zum Schluss. Ganz starkes Teil!

"Worlds Collide" pinselohrt sich moderneren Anstrichs. Fette Schredd-Klampfen im Stakkatorhythmus bedienen sich der soloesken Warrel Dane-Schule. Im Refrain bliebt es typisch saxonisch, er, unser Biff. Der Text regt abermals zum Nachdenken an, wobei Mr. Byford weder predigt noch den Moralzeigefinger-Wedler mimt. Das nachfolgende "Scarborough Fair" lässt seine Stimme voll zur Entfaltung kommen. Toller Song, tolle Interpretation.

Mit "Pedal To The Metal" geht es titelgemäß in die Vollen. Yeah! Amp auf 10 und ab geht's! Wenig Überraschungen, geht einfach steil nach vorne. Im Solo wird das Tempo headbanging-gerecht gedrosselt, Alarmsirenen links auf rechts und retour. "Neue Saxon at its/their best", könnte man sagen. andere würden sagen, Primal Fear oder andere Powermetaller sind auch nicht weit. "Hearts Of Steel" schlägt in eine ähnliche Kerbe, wieder etwas melodischer mit geschrubbten Stegen. Fistraising Alarm!

Es folgt eine kleine Überraschung. Eine mehr als gelungen zu nennende Kofferversion des Wishbone Ash-Klassikers "Throw Down The Sword". Vielschichtig, verhalten, dezent, mächtig, erhaben. Diese ruhigen Töne kann er mit Hingabe. Da geht er drin auf. Herrlicher Song, tolle Version mit tollen Gitarrensoli. Gänsehautgefühl vom Feeling her.

"Me And You" bringt persönliche Eindrücke ins Ohr. "Wrote this song 'bout my feelings". Es bleibt verhalten, wiederum akutisches Saitenspiel lädt ein zum Schwelgen. Tränentriefende Ballade geht anders, dennoch erfreut ein stimmiges Stück, das nahe geht, das berührt. Hört auf den Text und das Saxophon am Ende! Ebenso sinnig unter die Haut geht der formidable Rausschmeißer "Black And White". Etwas melancholisch und teils härter im Anschlag, die Lyrik bringt uns das Leben und Einstellungen zum selbigen näher. "Keep on moving, don't look back...". "People say it's the end, but I don't give a damn", "Follow your feelings, those show you the way, don't live in the past, live for today, this is my life, this is me, nothing's easy, nothing's free, complicated got on me, but if you're looking for answers... nothing's ever black or white". Hach...

Seit "The Inner Sanctum" endlich wieder ein gitarrenstarkes Album mit Biffs Stimme, das mich auf Anhieb überzeugen kann. Saxon-Fans machen nix falsch, genauso Freunde des britischen Sounds, die einem Blaze Bayley gerne lauschen, sollten zumindest reinhören und prüfen, ob es eine Liebe fürs Leben werden könnte. Ich bin leicht verliebt. Danke Mr. Byford, ein "Halter" meines Lebens! Wir sehen uns auf der Tour, die hoffentlich irgendwann durch deutsche Landschaften führt.