Das Kettenreview

Schreibt euch die Finger wund über das große Thema "Metal" - über neue Platten, neue Bands, Konzerte etc.

Moderator: Loomis

Re: Das Kettenreview

Beitragvon thorondor » 29. März 2016, 20:21

Beyond Twilight - The Devil's Hall of Fame

Ein wenig geschluckt habe ich ja schon, als mich der Zufall auserkoren hatte, diese Platte zu besprechen. Gewünscht hätte ich mir etwas Anderes, etwas, das mehr meinen musikalischen Vorlieben entspricht. Aber so wurde daraus eine gewisse Herausforderung, und es nötigte mich dazu, meinen Horizont (zumindest zwischenzeitlich) ein wenig zu erweitern – ist ja auch nicht ganz verkehrt.
Womit haben wir es eigentlich zu tun? Dawnrider hat typische Kategorisierungen vermieden. Auch wenn sie einer Platte oft ungerecht werden, find ich sie irgendwie hilfreich. Also hol ich das mal nach. Ich würde mal die Schubladen „Progressive“ und „Power“ Metal bedienen. „Symphonic“ sollte auch noch dabei sein. Tempo ist immer gemächlich, alles sehr getragen. Aber von „Doom“ würde ich trotzdem nicht sprechen. Das entsprechende Gefühl kommt dabei nicht in mir auf.
Bandvergleiche fallen mir schwer, da ich mich in diesen Genres nicht auskenne und auch kaum was im Regal habe. Andererseits hat dawnrider ja vielleicht recht und es ist etwas Einzigartiges?
In einem hat er ganz bestimmt recht: Jorn Lande singt überragend! Ich kenn mit ihm nur die (durchaus geschmackige) Aeronautics von Masterplan, in mein ewiges Gedächtnis hatte er sich dort noch nicht gesungen. Aber was er hier abzieht, ist definitiv Champions League. Sicherlich das größte Plus auf der Habenseite des Albums. Als größtes Malus steht dem die Gitarre gegenüber, nämlich das (gefühlte) weitgehende Fehlen einer solchen. In meinem Metal steht nun mal die Gitarre an erster Stelle. Ein guter Song braucht ein gutes Riff. Und dann kommen die weiteren Zutaten. Darüber hinaus: Würden Beyond Twilight das Keyboard weglassen, bliebe mit Ausnahme des Gesangs nicht viel übrig. Schlagzeug/Bass/Gitarre setzen kaum Akzente, man könnte natürlich auch von „songdienlich“ sprechen.
Jeder einzelne Song für sich genommen ist alles andere als verkehrt. So fand ich beim ersten Mal Hören den Opener ziemlich stark. Hab dabei aber eher an einen typischen Intro-Song gedacht (der etwas zu lang geraten ist). Der zweite Song ist schön kompakt, etwas schneller als der Rest (aber dem Vorgänger sonst nicht unähnlich). Aber schon beim dritten Song hatte ich das Gefühl, es wiederholt sich. Für sich genommen wieder ein sehr gutes Teil, aber von der Anlage her zu nahe bei Song #1. Und auf diese Art geht es weiter, auf Albumlänge funktionierte das irgendwann nicht mehr für mich.
Hier liegt für mich der Unterschied zu einem Album wie Operation: Mindcrime. Nehmen wir „Eyes of A Stranger“ – meiner Meinung nach ein überragender Song. Aber wenn das ganze Album aus mehr Songs in dieser Art bestehen würde, hätte ich keinen großen Gefallen daran. Die Abwechslung bei gleichbleibend hohem Niveau macht es aus – und ein solche Abwechslung hätte ich mir bei The Devil's Hall of Fame gewünscht.
Fazit: Ich würde niemanden abraten, da mal rein zu hören. Alleine diesen Jorn Lande singen zu hören lohnt sich. Ist aber alles andere als Konsensmucke.

Vielen Dank noch an dawnrider, der superschnell dafür gesorgt hat, dass eine Sicherungskopie den Weg in meinen Haushalt fand.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon dawnrider » 29. März 2016, 20:33

thorondor hat geschrieben:Beyond Twilight - The Devil's Hall of Fame

Ein wenig geschluckt habe ich ja schon, als mich der Zufall auserkoren hatte, diese Platte zu besprechen. Gewünscht hätte ich mir etwas Anderes, etwas, das mehr meinen musikalischen Vorlieben entspricht. Aber so wurde daraus eine gewisse Herausforderung, und es nötigte mich dazu, meinen Horizont (zumindest zwischenzeitlich) ein wenig zu erweitern – ist ja auch nicht ganz verkehrt.
Womit haben wir es eigentlich zu tun? Dawnrider hat typische Kategorisierungen vermieden. Auch wenn sie einer Platte oft ungerecht werden, find ich sie irgendwie hilfreich. Also hol ich das mal nach. Ich würde mal die Schubladen „Progressive“ und „Power“ Metal bedienen. „Symphonic“ sollte auch noch dabei sein. Tempo ist immer gemächlich, alles sehr getragen. Aber von „Doom“ würde ich trotzdem nicht sprechen. Das entsprechende Gefühl kommt dabei nicht in mir auf.
Bandvergleiche fallen mir schwer, da ich mich in diesen Genres nicht auskenne und auch kaum was im Regal habe. Andererseits hat dawnrider ja vielleicht recht und es ist etwas Einzigartiges?
In einem hat er ganz bestimmt recht: Jorn Lande singt überragend! Ich kenn mit ihm nur die (durchaus geschmackige) Aeronautics von Masterplan, in mein ewiges Gedächtnis hatte er sich dort noch nicht gesungen. Aber was er hier abzieht, ist definitiv Champions League. Sicherlich das größte Plus auf der Habenseite des Albums. Als größtes Malus steht dem die Gitarre gegenüber, nämlich das (gefühlte) weitgehende Fehlen einer solchen. In meinem Metal steht nun mal die Gitarre an erster Stelle. Ein guter Song braucht ein gutes Riff. Und dann kommen die weiteren Zutaten. Darüber hinaus: Würden Beyond Twilight das Keyboard weglassen, bliebe mit Ausnahme des Gesangs nicht viel übrig. Schlagzeug/Bass/Gitarre setzen kaum Akzente, man könnte natürlich auch von „songdienlich“ sprechen.
Jeder einzelne Song für sich genommen ist alles andere als verkehrt. So fand ich beim ersten Mal Hören den Opener ziemlich stark. Hab dabei aber eher an einen typischen Intro-Song gedacht (der etwas zu lang geraten ist). Der zweite Song ist schön kompakt, etwas schneller als der Rest (aber dem Vorgänger sonst nicht unähnlich). Aber schon beim dritten Song hatte ich das Gefühl, es wiederholt sich. Für sich genommen wieder ein sehr gutes Teil, aber von der Anlage her zu nahe bei Song #1. Und auf diese Art geht es weiter, auf Albumlänge funktionierte das irgendwann nicht mehr für mich.
Hier liegt für mich der Unterschied zu einem Album wie Operation: Mindcrime. Nehmen wir „Eyes of A Stranger“ – meiner Meinung nach ein überragender Song. Aber wenn das ganze Album aus mehr Songs in dieser Art bestehen würde, hätte ich keinen großen Gefallen daran. Die Abwechslung bei gleichbleibend hohem Niveau macht es aus – und ein solche Abwechslung hätte ich mir bei The Devil's Hall of Fame gewünscht.
Fazit: Ich würde niemanden abraten, da mal rein zu hören. Alleine diesen Jorn Lande singen zu hören lohnt sich. Ist aber alles andere als Konsensmucke.

Vielen Dank noch an dawnrider, der superschnell dafür gesorgt hat, dass eine Sicherungskopie den Weg in meinen Haushalt fand.

So kann es außerhalb der Komfortzone jederzeit aussehen.
Aber allein schon für 'Jorn Lande singt überragend!' gebührt Dir mein Respekt, das Schaffen dieses Mannes hat dieses Niveau nie mehr erreicht.

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Re: Das Kettenreview

Beitragvon thorondor » 3. April 2016, 14:37

Coroner – No More Colors

Aber bevor ich zu meiner auserwählten Platte komme, gibt es eine kleine Geschichte.

18. Oktober 1991: Mekong Delta + Coroner gastieren im Rahmen der „Shadows of the Dark Side“ Tour in Wien (wo ich seit kurzem studierte).
Ich hatte null Kohle, bin bis anno dazumal daher noch nie auf einem Konzert gewesen (wenn ich Geld hatte, wurde es für CDs oder Bücher ausgegeben).
Mekong Delta waren damals große Helden für mich, vor allem „The Music of Erich Zann“ hatte Dauereinsatz. Irgendwie musste ich da hin (mir war noch nicht mal bewusst, dass MD live eine richtige Rarität waren), und irgendwie schaffte ich es auch das nötige Kleingeld dafür zusammen zu kratzen.
Ich war völlig geflasht von der Surrealität des Geschehens. Mekong Delta haben mich schwer beeindruckt und ich war einfach nur glücklich. Aber was dann noch kam, war schier unglaublich.
Ich seh heute noch, wie die Bühne in Nebel gehüllt war, der sich während des Intros langsam lichtete und Ron Royce vor mir auftauchen ließ. Und dann begann die Gitarre zu sägen. Ein Break jagte das andere, ich tauchte ein in die Rhythmik einer genialen Band.
Sobald ich wieder etwas flüssig war, gings in den Plattenladen. Ich erinnerte mich an den Songtitel „Die By My Hand“, also griff ich zur „No More Colors“. Geld für mehr gabs im Moment nicht.

Ich behaupte nun nicht, dass dieses Stück Musik das Beste ist, was jemals erschaffen worden ist. Schon alleine einige andere Coroner Rundlinge stellen eine ernsthafte Konkurrenz dar. Aber es war Liebe von Anfang an, und die hält eben besonders lange.

Los geht’s mit dem schon erwähnten „Die By My Hand“. Genau der richtige Opener. Dunkle Donnerdrums aus dem Nichts, eine Gitarre setzt mit ein paar Tonleitern ein, und dann bricht ein schweres Riff auf uns herab, das Schlagzeug nimmt den Rhythmus auf. Und gerade bevor die Keifstimme einsetzt ein Break. Rhythmuswechseln zwischen den Strophen bzw. vor dem Refrain, der nicht besonders spektakulär ist, aber nach dem Eindringen die Gehirnwindungen auch nicht mehr verlassen will. Solo soll nicht fehlen, dient aber eher der Abwechslung und bietet mehr Gelegenheiten für Breaks und coole Rhythmen, und am Ende bricht wieder dieses wuchtige Riff herein, dass die letzte Strophe einläutet. Nach 3,40 Minuten ist Schluss. An dieser Stelle hätten andere Bands mit dem Brainstorming aufgehört und die vorhandenen Ideen auf Albumlänge ausgewalzt.
Song Nummer 2 („No Need To Be Human“) beginnt etwas verhaltener. Das Tempo ist nicht allzu hoch, ein paar vertrackte Gitarren, die Strophen plätschern etwas vor sich hin, bis Ron im Refrain besonders giftig vor sich hin keift. Es folgt ein Mittelteil mit deutlich erhöhter Schlagzahl, der Refrain bremst wieder ein, bevor eine akustische Gitarre in einen atmosphärischen Soloteil überleitet. Nochmals der Refrain mit kurzer Gitarrenabfahrt, und aus.
„Read My Scars“ ist als nächstes dran. Es beginnt ein grooviger Rhythmus. Aber die Formel steht bereits: auch hier gibt es viel Tempowechsel, Riff folgt auf Riff. Hier gut zu hören, wie Schlagzeug wirkungsvoll eingesetzt werden kann: niemals aufdringlich folgt es dem Song und gibt im Hintergrund den Takt, um dann zwischendurch mit einem Double Bass Gewitter für ein kurzes aber heftiges Brett zu sorgen.
„D.O.A.“ bietet mehr vom bereits Gehörten. Hier darf auch der Bass mal ein bisschen im Rampenlicht zocken. Zu kurz kommt er aber ohnehin auf der ganzen Scheibe nicht. Immer gut hörbar sorgen die tiefen Töne für ein gutes Fundament. Aber Hauptprotagonist ist und bleibt die Gitarre, die auch etwas in den Vordergrund gemischt worden ist (Scott Burns war daran übrigens beteiligt).
„Mistress of Deception“ setzt den Thrashreigen fort und führt uns zu einem meiner persönlichen Highlights: Tunnel of Pain. Die Ingredienzien sind dieselben: der Bass frickelt kurz, die Gitarre frickelt mit, Schlagzeug darf auch mitmachen, ein erstes Break durchsetzt das Ganze. Und dann ein richtig großes mächtiges Break und die Keifstimme darf wieder ran. Noch nicht mal 30 Sekunden und die Schlacht ist schon gewonnen. Aber gerade in diesem Song wartet noch so vieles.
Danach kommt der für mich etwas schwächere Song ("Why It Hurts"). Wobei das vor allem am Refrain liegt, der mit dieser blechernen Computerstimme nervt.
Dafür ist das Finale wieder richtig groß. Diese Keyboardmelodie am Anfang von „Last Entertainment“ macht einen irgendwann bestimmt wahnsinnig. Die restliche Instrumentierung hilft auch nicht dagegen. Kurz vor einer Minute die Rettung: ein Break! Nur ein kurzes zwar, bevor diese Melodie wieder einsetzt, aber der Bann ist gebrochen. Ich bin gerettet und kann den gesprochenen Worten lauschen, die ich gut verstehe, und doch weiß ich nicht, worum es geht (und so geht’s mir mit den Texten hier im Allgemeinen).
Der Abschlusssong hebt sich ein wenig ab vom Rest, da viel mehr auf Atmosphäre und Sounds gesetzt wird als auf ein Riffmassaker wie zuvor.

Nach nicht mal 35 Minuten ist Schluss. Genau die richtige Länge für ein Album dieser Art. Da passiert so viel in so kurzer Zeit. Mehr brauchts nicht.
Wollte man etwas kritisieren, dann vielleicht, dass (mit Ausnahme des letzten Songs) alle Songs nach einem ähnlichen Schema funktionieren. Und natürlich ist die Stimme (von Gesang will ich gar nicht reden) definitiv Geschmackssache und auf Dauer monoton.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Loomis » 3. April 2016, 18:33

Danke sehr. Liest sich, als sollte ich mir das Album auch mal zu Gemüte führen.

Das darf als nächstes auch Acrylator tun. Und so wie ich ihn kenne, dürfte ihm das Ding ganz gut gefallen.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 3. April 2016, 21:14

Loomis hat geschrieben:Danke sehr. Liest sich, als sollte ich mir das Album auch mal zu Gemüte führen.

Das darf als nächstes auch Acrylator tun. Und so wie ich ihn kenne, dürfte ihm das Ding ganz gut gefallen.
Hehe, wengistens ein Album, dass ich bereits besitze und mag - aber lange nicht mehr gehört habe! Das ist dann wohl mal die Gelegenheit, das zu ändern!
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 6. April 2016, 18:58

So, ich hab "No More Color" jetzt zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder gehört, und war doch recht überrascht, dass es mir zwar entfernt vertraut war, aber eben doch nicht mehr so richtig präsent. Konnte mich im Detail jedenfalls an keinen Song mehr erinnern, bzw. kamen mir die Elemente zwar bekannt vor, aber ich wusste eben beim Hören nie, was als nächstes kommt.
Vor etwa zehn Jahren hab ich die Scheibe dabei eine Weile sehr häufig gehört. Hätte gedacht, da müsse etwas mehr hängengeblieben sein, aber eingängig oder gar simpel geht ohnehin definitiv anders.

"Die By My Hand" mit langsam lauter werdenden Einstieg, komplexen Riffs, Wechsel zwischen breaklastigen/rhythmisch vertrackten Momenten und zügelloser Power zeigt schon mal recht repräsentativ, wohin die Reise geht.
Auch beim zweiten Song bekommt man originelle Riffs, diesmal allerdings größteinteils in schleppendem Tempo, trotz im Refrain schneller Double-Bass, aber insgesamt "groovt" das Stück mehr, ist über weite Strecken nicht so treibend wie der Opener, nimmt aber nach ca. 1,5 Minuten doch noch Fahrt auf, wobei das durchgehende Double-Bass-Geballer bleibt. Gegen Ende wird‘s dann musikalisch ruhiger, aber von der Stimmung her eher unheilvoll, worauf einige Soli folgen und ein letztes Mal der Refrain kommt. Coole Nummer!
Nächstes Stück wechselt auch zwischen Mid- und Uptempo, bietet wie die Songs zuvor schon viel Abwechslung in wenig Zeit (rhythmisch wie auch strukturell), auch einen dramatischen Part bekommt man zu hören (bei ca. 2:20). Rage kommen mir im weiteren Verlauf noch von den Gitarren her manchmal in den Sinn, allerdings eher so zu “Trapped”-Zeiten, also etwas spätere Songs. Außerdem gehen Coroner natürlich deutlich weniger eingängig zu Werke, was zu einem Teil sicher auch an den aggressiv gekrächzten, unmelodischen Vocals, aber eben auch den oft überraschenderen Songstrukturen liegt.
"D.O.A." dürfte dann die Speed-Fanatiker vollends zufrieden stellen, auch wenn auch hier im Refrain und beim Part danach das Tempo kurz gedrosselt wird, was durch die rhythmische Komplexität allerdings immer noch viel hektischer wirkt als bei den vorherigen Nummern. Aber das Stück wirkt insgesamt etwas geradliniger oder zumindest durchgehend treibender als die ersten drei.
"Mistress Of Deception" ist dann wieder deutlich komplexer aufgebaut, rhythmisch und gitarrentechnisch passiert hier wirklich so einiges (zwischendurch auch mal traditionelle Percussion, die gut zum Wüstenthema des Textes passt), was das Stück ziemlich unvorhersehbar macht. Es wirkt auf mich aber dennoch nicht verkopft, was schon ein Kunststück für sich ist. Die Riffs wechseln zwischen prägnant und kompliziert. Kurze Double-Bass-Ausbrüche werfen zwischendurch immer mal wieder genügend Power/Härte in den Ring.
Auf das nachfolgende “Tunnel Of Pain” trifft das meiste davon ebenfalls zu, hier kommt noch ein ruhigerer Mittelteil dazu, der mich von der Stimmung her ein wenig an ganz frühere Heavy-Metal-Songs und auch etwas an 70er Rush erinnert und am Schluss erneut kurz auftaucht.
Auch “Why It Hurts” schlägt wieder in diese Kerbe (nur ohne ruhigeren Part), ist aber weniger prägnant.

Der letzte Song baut dann allerdings mit einem (horrorfilmsoundtrackartigen) Intro erst mal für etwa eine eineinhalb Minuten Spannung auf, bevor es mit gesprochenm Text zu offenbar klassisch beeinflussten Gitarren weitergeht. Insgesamt unterscheidet sich das Stück doch relativ deutlich von den anderen des Albums, was zu einem großen Teil daran liegt, dass es hier eben keinen Gesang gibt, sondern die Lyrics gesprochen wiedergegeben werden. Aber auch sonst ist es ein wenig anders als der Rest, weniger technischer Thrash, mehr Atmosphäre (dabei aber trotzdem im Aufbau recht komplex/abwechslungsreich). Gefällt mir sehr gut, ist aber dann leider etwas zu früh auch schon wieder vorbei.

Fazit: sehr gutes Album, das durch den monotonen Gesang ein wenig an Prägnanz verschenkt, aber vor allem durch großen Abwechslungsreichtum und das virtuose, energiegeladene Gitarren- und Schlagzeugspiel sehr kurzweilig ist.

Und jetzt muss ich erstmal in mich gehen, welches Album ich als nächstes für euch besprechen werde...
Zuletzt geändert von Acrylator am 11. April 2016, 11:06, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 10. April 2016, 22:23

Sorry, bin noch nicht dazu gekommen, aber in den nächsten Tagen präsentiere ich mein Review auf jeden Fall!
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Ohrgasm » 10. April 2016, 23:21

Cooles Coroner-Review!
Ich liebe alle Alben, ist manchmal wie eine Droge, das läuft die gesamte Disco tagelang durch.
Man sollte generell mehr Coroner hören, das hilft.

Tommy hat m.M.n. mit die tollsten Soli der Thrash-Geschichte eingespielt, die kann ich fast mitsingen. :yeah:
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Loomis » 19. April 2016, 21:49

Acrylator hat geschrieben:Sorry, bin noch nicht dazu gekommen, aber in den nächsten Tagen präsentiere ich mein Review auf jeden Fall!

:)
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 20. April 2016, 00:14

Loomis hat geschrieben:
Acrylator hat geschrieben:Sorry, bin noch nicht dazu gekommen, aber in den nächsten Tagen präsentiere ich mein Review auf jeden Fall!

:)

Sorry, hab's vor Donnerstag nicht mehr geschafft und war dann ein paar Tage unterwegs, morgen müsste ich es aber schaffen.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 20. April 2016, 21:26

So, nun aber wie versprochen das Review zu einer Scheibe meiner Wahl!

Habe mich nach langem Überlegen für REALMs Debütalbum "Endless War" (1988) entschieden, witzigerweise stilistisch CORONER vom letzten Review nicht ganz unähnlich (auf jeden Fall auch progressiver, technisch anspruchsvoller Speed/Thrash Metal), aber das ist tatsächlich Zufall. Ich muss auch sagen, dass dieses Album mich um einiges mehr berührt als alles von Coroner (die ich ja durchaus sehr gut finde) und seit ca. 22 Jahren zu meinen absoluten Lieblingsscheiben gehört!

Bild
Der Titelsong beginnt ohne Vorwarnung mit pfeilschnellem Gitarrenspiel, darauf folgt ein großartiges zweistimmiges Riff mit dem auch Schlagzeug und Bass einsetzen. Das Stück schlägt Haken in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit, dass einem schwindelig wird, der Gesang ist für diese Art von Musik ziemlich melodisch und meistert auch ganz spitze Schreie souverän. Nach nicht einmal dreieinhalbe Minuten ist auch schon Schluss, aber zum Erholen kommt man hier nicht, denn nach ganz kurzer Pause (die Pausen zwischen den Songs auf dieser Scheibe sind allgemein sehr kurz) fängt auch schon
“Slay The Opressor” an. Das ist zwar nicht ganz so schnell, aber immer noch schnell genug, wirkt durch häufige Breaks auch fast noch hektischer, hat allerdings einen sehr einprägsamen Refrain auf den geilste Gitarrenmelodien folgen (alles zweistimmig), dann wird das Tempo für ein Gitarrensolo (mit druckvoller Rhythmusgitarrenbegleitung) gedrosselt um danach wieder schön beschleunigen zu können, geil!
“Eminence” beginnt extrem atmosphärisch, baut mit unheilvollen Klängen langsam Spannung auf, bis der Gesang einsetzt. Schräge Gitarrentöne tragen zur verrückt-düsteren Stimmung bei, dann wird’s vertrackter, das ist definitiv schon mehr Progressive Metal als Thrash Metal. Nach etwas über drei Minuten kommt ein mitreißend-gallopierendes Riff, woraufhin die Band wieder rhythmisch komplexer agiert, um dann mit großartigen Gitarrenmelodien zu begeistern, die erst nicht allzu schnell, dann sehr treibend vom Schlagzeug begleitet werden. Atmosphärisch klingt der Song dann nach gut fünf Minuten aus.
Das vierte Stück bleibt anfangs gedrosselt-vertrackt, auch hier passiert wieder sehr viel in kurzer Zeit. Nach zwei Minuten wird’s abgedreht mit “Rückwärtsgitarren”, der melodischere Part danach klingt fast nach PSYCHOTIC WALTZ (zwei Jahre vor deren Debüt). Danach geht’s etwas thrash-typischer (aber nicht wirklich schnell) weiter, kurz vor Schluss wird noch mal ganz kurz das Tempo angezogen bis markante Schreie den Song beenden.
Das Intro von “Root Of Evil” ist wieder extrem stimmungsvoll, fast soundtrack-artig, dann wird’s dramatisch-progressiv (ja, das geht). Nach etwa 1:45 Minuten werden dann für eine Weile die Zügel losgelassen, das Ende ist aber wieder sanft-atmosphärisch.
Es folgt eine der geilsten Coverversionen die ich kenne: “Eleanor Rigby” (Original von den Beatles) - ich liebe es ja, wenn Bands beim Covern dem Song ihren eigenen Stempel aufdrücken und REALM meistern das hier mit Bravour! Man könnte das Stück fast für eine Eigenkomposition halten und trotzdem ist es noch sehr gut zu erkennen, nur eben erheblich schneller und härter als das Original, funktioniert in diesem Stil aber auch hervorragend (ich mag auch das Original sehr gerne, obwohl ich sonst kein großer Fan der Liverpooler bin).
Mit “This House Is Burning” geht’s noch schneller weiter, aber auch hier wird zwischendurch zur Abwechslung mal das Tempo gedrosselt. Sollte Speed- und Thrash-Fanatiker allerdings dennoch bestens zufrieden stellen.
Danach wird’s mit dem großartigen “Second Coming” erst mal wieder atmosphärischer, allerdings setzt nach knapp einer Minute ein hartes Riff ein (geiler Gitarrensound übrigens) woraufhin es treibender wird, zum Refrain hin wird aber wieder die Handbremse angezogen, was allerdings keinesfalls stört, da Gesang und Gitarrenmelodien einfach geil sind, es rhythmisch komplex wird und es außerdem auch bald wieder deutlich flotter weitergeht (mit grandiosen zweistimmigen Gitarren). Nach schrägem Gitarrensolo (das Tempo bleibt dabei hoch) kommt noch mal der Refrain und am Schluss noch einmal die Doppel-Leadgitarren.
“All Heads Will Turn To The Hunt” fängt frickelig-treibend an, wird aber vorm Refrain auch wieder langsamer, hat allerdings auch hier genügend Power. Außerdem sind die Musiker wirklich Meister ihres Fachs - aber ich denke, das hat man sich bis hierher beim Lesen eh schon gedacht.
“Mang” danach ist nur 45 Sekunden lang, wovon die erste Hälfte aus Feedback und dissonanten Gitarren besteht, dann wird’s rasend.
Ziemlich schnell beginnt auch “Poisoned Minds” und - ihr ahnt es schon - auch hier werden einem die Riffs mit viel Abwechslung um die Ohren gehauen, dass es eine Freude ist!
So frickelig hatte ich diese Scheibe tatsächlich gar nicht mehr in Erinnerung. In meiner Wahrnehmung war die immer deutlich geradliniger als der Nachfolger, geht aber in Wirklichkeit oft auch schon fast in Richtung WATCHTOWER (aber die Songs fließen hier mehr und der Thrash-Anteil ist höher, wirklich jazzig ist hier eigentlich auch nichts).
Was ich allerdings nach wie vor so sehe: das Debüt hat die mitreißenderen Melodien und viel mehr Atmosphäre, außerdem auch eine passendere Produktion (höchstens etwas zuviel Hall auf dem Schlagzeug), für mich dadurch eindeutig ne Ecke besser als das zweite Album (was nicht heißt, dass "Suiciety" schlecht ist - die braucht ihr auch, wenn euch das hier gefällt).
Auf der CD ist übrigens ein Song mehr enthalten als auf der LP (ja, die späten 80er und frühen 90er waren oft scheiße für Vinylfans), der stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt, aber auch extrem toll ist! “Theseus And The Minotaur” klingt jedenfalls etwas weniger hart und frickelig und deutlich melodischer als der Großteil der anderen Songs, anfangs fast eher nach klassischem Heavy Metal mit geilen, leicht klassikbeeinflussten Gitarrenmelodien (auf die gute Art, wie es in den 80ern noch so einige Bands gemacht haben, aber nicht Malmsteen-like). Auch dieser Song verläuft allerdings alles andere als geradlinig/vorhersehbar und hat nach dem hochmelodischen Anfang auch härtere Riffs, ist aber halt (neben “Eleanor Rigby”) wohl der eingängigste des Albums und wirklich ganz große Kunst! Den sollte jeder (!) Fan des guten alten US Power Metals kennen!
Zuletzt geändert von Acrylator am 20. April 2016, 23:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Hades » 20. April 2016, 22:56

<3 <3 Absolutes Götteralbum! Wenn ich mir das so durchlese muss die unbedingt mal wieder gehört werden.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon thorondor » 20. April 2016, 23:24

Das Warten hat sich gelohnt. Ganz großes Album. Da kann ich ebenfalls in allem nur zustimmen, nun ja, in fast allem. Eines sehe ich doch ein wenig anders, nämlich:

Ich muss auch sagen, dass dieses Album mich um einiges mehr berührt als alles von Coroner (die ich ja durchaus sehr gut finde)


Anders rum und das Review ist perfekt ;-) Aber bei mir spielen da auch persönliche Erfahrungen eine große Rolle.

Werd ich gleich morgen mal wieder rauskramen ...
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Siebi » 21. April 2016, 19:08

Acrylator hat geschrieben:So, nun aber wie versprochen das Review zu einer Scheibe meiner Wahl!

Habe mich nach langem Überlegen für REALMs Debütalbum "Endless War" (1988) entschieden, witzigerweise stilistisch CORONER vom letzten Review nicht ganz unähnlich (auf jeden Fall auch progressiver, technisch anspruchsvoller Speed/Thrash Metal), aber das ist tatsächlich Zufall. Ich muss auch sagen, dass dieses Album mich um einiges mehr berührt als alles von Coroner (die ich ja durchaus sehr gut finde) und seit ca. 22 Jahren zu meinen absoluten Lieblingsscheiben gehört!

Bild
Der Titelsong beginnt ohne Vorwarnung mit pfeilschnellem Gitarrenspiel, darauf folgt ein großartiges zweistimmiges Riff mit dem auch Schlagzeug und Bass einsetzen. Das Stück schlägt Haken in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit, dass einem schwindelig wird, der Gesang ist für diese Art von Musik ziemlich melodisch und meistert auch ganz spitze Schreie souverän. Nach nicht einmal dreieinhalbe Minuten ist auch schon Schluss, aber zum Erholen kommt man hier nicht, denn nach ganz kurzer Pause (die Pausen zwischen den Songs auf dieser Scheibe sind allgemein sehr kurz) fängt auch schon
“Slay The Opressor” an. Das ist zwar nicht ganz so schnell, aber immer noch schnell genug, wirkt durch häufige Breaks auch fast noch hektischer, hat allerdings einen sehr einprägsamen Refrain auf den geilste Gitarrenmelodien folgen (alles zweistimmig), dann wird das Tempo für ein Gitarrensolo (mit druckvoller Rhythmusgitarrenbegleitung) gedrosselt um danach wieder schön beschleunigen zu können, geil!
“Eminence” beginnt extrem atmosphärisch, baut mit unheilvollen Klängen langsam Spannung auf, bis der Gesang einsetzt. Schräge Gitarrentöne tragen zur verrückt-düsteren Stimmung bei, dann wird’s vertrackter, das ist definitiv schon mehr Progressive Metal als Thrash Metal. Nach etwas über drei Minuten kommt ein mitreißend-gallopierendes Riff, woraufhin die Band wieder rhythmisch komplexer agiert, um dann mit großartigen Gitarrenmelodien zu begeistern, die erst nicht allzu schnell, dann sehr treibend vom Schlagzeug begleitet werden. Atmosphärisch klingt der Song dann nach gut fünf Minuten aus.
Das vierte Stück bleibt anfangs gedrosselt-vertrackt, auch hier passiert wieder sehr viel in kurzer Zeit. Nach zwei Minuten wird’s abgedreht mit “Rückwärtsgitarren”, der melodischere Part danach klingt fast nach PSYCHOTIC WALTZ (zwei Jahre vor deren Debüt). Danach geht’s etwas thrash-typischer (aber nicht wirklich schnell) weiter, kurz vor Schluss wird noch mal ganz kurz das Tempo angezogen bis markante Schreie den Song beenden.
Das Intro von “Root Of Evil” ist wieder extrem stimmungsvoll, fast soundtrack-artig, dann wird’s dramatisch-progressiv (ja, das geht). Nach etwa 1:45 Minuten werden dann für eine Weile die Zügel losgelassen, das Ende ist aber wieder sanft-atmosphärisch.
Es folgt eine der geilsten Coverversionen die ich kenne: “Eleanor Rigby” (Original von den Beatles) - ich liebe es ja, wenn Bands beim Covern dem Song ihren eigenen Stempel aufdrücken und REALM meistern das hier mit Bravour! Man könnte das Stück fast für eine Eigenkomposition halten und trotzdem ist es noch sehr gut zu erkennen, nur eben erheblich schneller und härter als das Original, funktioniert in diesem Stil aber auch hervorragend (ich mag auch das Original sehr gerne, obwohl ich sonst kein großer Fan der Liverpooler bin).
Mit “This House Is Burning” geht’s noch schneller weiter, aber auch hier wird zwischendurch zur Abwechslung mal das Tempo gedrosselt. Sollte Speed- und Thrash-Fanatiker allerdings dennoch bestens zufrieden stellen.
Danach wird’s mit dem großartigen “Second Coming” erst mal wieder atmosphärischer, allerdings setzt nach knapp einer Minute ein hartes Riff ein (geiler Gitarrensound übrigens) woraufhin es treibender wird, zum Refrain hin wird aber wieder die Handbremse angezogen, was allerdings keinesfalls stört, da Gesang und Gitarrenmelodien einfach geil sind, es rhythmisch komplex wird und es außerdem auch bald wieder deutlich flotter weitergeht (mit grandiosen zweistimmigen Gitarren). Nach schrägem Gitarrensolo (das Tempo bleibt dabei hoch) kommt noch mal der Refrain und am Schluss noch einmal die Doppel-Leadgitarren.
“All Heads Will Turn To The Hunt” fängt frickelig-treibend an, wird aber vorm Refrain auch wieder langsamer, hat allerdings auch hier genügend Power. Außerdem sind die Musiker wirklich Meister ihres Fachs - aber ich denke, das hat man sich bis hierher beim Lesen eh schon gedacht.
“Mang” danach ist nur 45 Sekunden lang, wovon die erste Hälfte aus Feedback und dissonanten Gitarren besteht, dann wird’s rasend.
Ziemlich schnell beginnt auch “Poisoned Minds” und - ihr ahnt es schon - auch hier werden einem die Riffs mit viel Abwechslung um die Ohren gehauen, dass es eine Freude ist!
So frickelig hatte ich diese Scheibe tatsächlich gar nicht mehr in Erinnerung. In meiner Wahrnehmung war die immer deutlich geradliniger als der Nachfolger, geht aber in Wirklichkeit oft auch schon fast in Richtung WATCHTOWER (aber die Songs fließen hier mehr und der Thrash-Anteil ist höher, wirklich jazzig ist hier eigentlich auch nichts).
Was ich allerdings nach wie vor so sehe: das Debüt hat die mitreißenderen Melodien und viel mehr Atmosphäre, außerdem auch eine passendere Produktion (höchstens etwas zuviel Hall auf dem Schlagzeug), für mich dadurch eindeutig ne Ecke besser als das zweite Album (was nicht heißt, dass "Suiciety" schlecht ist - die braucht ihr auch, wenn euch das hier gefällt).
Auf der CD ist übrigens ein Song mehr enthalten als auf der LP (ja, die späten 80er und frühen 90er waren oft scheiße für Vinylfans), der stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt, aber auch extrem toll ist! “Theseus And The Minotaur” klingt jedenfalls etwas weniger hart und frickelig und deutlich melodischer als der Großteil der anderen Songs, anfangs fast eher nach klassischem Heavy Metal mit geilen, leicht klassikbeeinflussten Gitarrenmelodien (auf die gute Art, wie es in den 80ern noch so einige Bands gemacht haben, aber nicht Malmsteen-like). Auch dieser Song verläuft allerdings alles andere als geradlinig/vorhersehbar und hat nach dem hochmelodischen Anfang auch härtere Riffs, ist aber halt (neben “Eleanor Rigby”) wohl der eingängigste des Albums und wirklich ganz große Kunst! Den sollte jeder (!) Fan des guten alten US Power Metals kennen!

Saustarkes Review unabhängig meiner Einschätzung der Musik. Da ist Herzblut drin! <3 :yeah: <3

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Siebi
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acrylator » 21. April 2016, 19:52

Siebi hat geschrieben:
Acrylator hat geschrieben:So, nun aber wie versprochen das Review zu einer Scheibe meiner Wahl!

Habe mich nach langem Überlegen für REALMs Debütalbum "Endless War" (1988) entschieden, witzigerweise stilistisch CORONER vom letzten Review nicht ganz unähnlich (auf jeden Fall auch progressiver, technisch anspruchsvoller Speed/Thrash Metal), aber das ist tatsächlich Zufall. Ich muss auch sagen, dass dieses Album mich um einiges mehr berührt als alles von Coroner (die ich ja durchaus sehr gut finde) und seit ca. 22 Jahren zu meinen absoluten Lieblingsscheiben gehört!

Bild
Der Titelsong beginnt ohne Vorwarnung mit pfeilschnellem Gitarrenspiel, darauf folgt ein großartiges zweistimmiges Riff mit dem auch Schlagzeug und Bass einsetzen. Das Stück schlägt Haken in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit, dass einem schwindelig wird, der Gesang ist für diese Art von Musik ziemlich melodisch und meistert auch ganz spitze Schreie souverän. Nach nicht einmal dreieinhalbe Minuten ist auch schon Schluss, aber zum Erholen kommt man hier nicht, denn nach ganz kurzer Pause (die Pausen zwischen den Songs auf dieser Scheibe sind allgemein sehr kurz) fängt auch schon “Slay The Opressor” an. Das ist zwar nicht ganz so schnell, aber immer noch schnell genug, wirkt durch häufige Breaks auch fast noch hektischer, hat allerdings einen sehr einprägsamen Refrain auf den geilste Gitarrenmelodien folgen (alles zweistimmig), dann wird das Tempo für ein Gitarrensolo (mit druckvoller Rhythmusgitarrenbegleitung) gedrosselt um danach wieder schön beschleunigen zu können, geil!
“Eminence” beginnt extrem atmosphärisch, baut mit unheilvollen Klängen langsam Spannung auf, bis der Gesang einsetzt. Schräge Gitarrentöne tragen zur verrückt-düsteren Stimmung bei, dann wird’s vertrackter, das ist definitiv schon mehr Progressive Metal als Thrash Metal. Nach etwas über drei Minuten kommt ein mitreißend-gallopierendes Riff, woraufhin die Band wieder rhythmisch komplexer agiert, um dann mit großartigen Gitarrenmelodien zu begeistern, die erst nicht allzu schnell, dann sehr treibend vom Schlagzeug begleitet werden. Atmosphärisch klingt der Song dann nach gut fünf Minuten aus.
Das vierte Stück bleibt anfangs gedrosselt-vertrackt, auch hier passiert wieder sehr viel in kurzer Zeit. Nach zwei Minuten wird’s abgedreht mit “Rückwärtsgitarren”, der melodischere Part danach klingt fast nach PSYCHOTIC WALTZ (zwei Jahre vor deren Debüt). Danach geht’s etwas thrash-typischer (aber nicht wirklich schnell) weiter, kurz vor Schluss wird noch mal ganz kurz das Tempo angezogen bis markante Schreie den Song beenden.
Das Intro von “Root Of Evil” ist wieder extrem stimmungsvoll, fast soundtrack-artig, dann wird’s dramatisch-progressiv (ja, das geht). Nach etwa 1:45 Minuten werden dann für eine Weile die Zügel losgelassen, das Ende ist aber wieder sanft-atmosphärisch.
Es folgt eine der geilsten Coverversionen die ich kenne: “Eleanor Rigby” (Original von den Beatles) - ich liebe es ja, wenn Bands beim Covern dem Song ihren eigenen Stempel aufdrücken und REALM meistern das hier mit Bravour! Man könnte das Stück fast für eine Eigenkomposition halten und trotzdem ist es noch sehr gut zu erkennen, nur eben erheblich schneller und härter als das Original, funktioniert in diesem Stil aber auch hervorragend (ich mag auch das Original sehr gerne, obwohl ich sonst kein großer Fan der Liverpooler bin).
Mit “This House Is Burning” geht’s noch schneller weiter, aber auch hier wird zwischendurch zur Abwechslung mal das Tempo gedrosselt. Sollte Speed- und Thrash-Fanatiker allerdings dennoch bestens zufrieden stellen.
Danach wird’s mit dem großartigen “Second Coming” erst mal wieder atmosphärischer, allerdings setzt nach knapp einer Minute ein hartes Riff ein (geiler Gitarrensound übrigens) woraufhin es treibender wird, zum Refrain hin wird aber wieder die Handbremse angezogen, was allerdings keinesfalls stört, da Gesang und Gitarrenmelodien einfach geil sind, es rhythmisch komplex wird und es außerdem auch bald wieder deutlich flotter weitergeht (mit grandiosen zweistimmigen Gitarren). Nach schrägem Gitarrensolo (das Tempo bleibt dabei hoch) kommt noch mal der Refrain und am Schluss noch einmal die Doppel-Leadgitarren.
“All Heads Will Turn To The Hunt” fängt frickelig-treibend an, wird aber vorm Refrain auch wieder langsamer, hat allerdings auch hier genügend Power. Außerdem sind die Musiker wirklich Meister ihres Fachs - aber ich denke, das hat man sich bis hierher beim Lesen eh schon gedacht.
“Mang” danach ist nur 45 Sekunden lang, wovon die erste Hälfte aus Feedback und dissonanten Gitarren besteht, dann wird’s rasend.
Ziemlich schnell beginnt auch “Poisoned Minds” und - ihr ahnt es schon - auch hier werden einem die Riffs mit viel Abwechslung um die Ohren gehauen, dass es eine Freude ist!
So frickelig hatte ich diese Scheibe tatsächlich gar nicht mehr in Erinnerung. In meiner Wahrnehmung war die immer deutlich geradliniger als der Nachfolger, geht aber in Wirklichkeit oft auch schon fast in Richtung WATCHTOWER (aber die Songs fließen hier mehr und der Thrash-Anteil ist höher, wirklich jazzig ist hier eigentlich auch nichts).
Was ich allerdings nach wie vor so sehe: das Debüt hat die mitreißenderen Melodien und viel mehr Atmosphäre, außerdem auch eine passendere Produktion (höchstens etwas zuviel Hall auf dem Schlagzeug), für mich dadurch eindeutig ne Ecke besser als das zweite Album (was nicht heißt, dass "Suiciety" schlecht ist - die braucht ihr auch, wenn euch das hier gefällt).
Auf der CD ist übrigens ein Song mehr enthalten als auf der LP (ja, die späten 80er und frühen 90er waren oft scheiße für Vinylfans), der stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt, aber auch extrem toll ist! “Theseus And The Minotaur” klingt jedenfalls etwas weniger hart und frickelig und deutlich melodischer als der Großteil der anderen Songs, anfangs fast eher nach klassischem Heavy Metal mit geilen, leicht klassikbeeinflussten Gitarrenmelodien (auf die gute Art, wie es in den 80ern noch so einige Bands gemacht haben, aber nicht Malmsteen-like). Auch dieser Song verläuft allerdings alles andere als geradlinig/vorhersehbar und hat nach dem hochmelodischen Anfang auch härtere Riffs, ist aber halt (neben “Eleanor Rigby”) wohl der eingängigste des Albums und wirklich ganz große Kunst! Den sollte jeder (!) Fan des guten alten US Power Metals kennen!

Saustarkes Review unabhängig meiner Einschätzung der Musik. Da ist Herzblut drin! <3 :yeah: <3

Mehr davon!

Danke!
Finde halt nicht immer die Zeit und Motivation für sowas, da war dieser "Zwang" hier schon ganz hilfreich... :-D
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