Das Kettenreview

Schreibt euch die Finger wund über das große Thema "Metal" - über neue Platten, neue Bands, Konzerte etc.

Moderator: Loomis

Re: Das Kettenreview

Beitragvon Thunderstryker » 20. September 2015, 23:12

Gute und Schnelle Genesung wünsche auch ich.

Nun zu Pariah, da sonst einige die feuchten Träume ihrer KIT-Allmachts-und Strafphantasien nicht mehr zügeln können.
Es schmerzt mich ja immer ein bisschen, in einer Rezension nicht mehr Hintergrundwissen einbauen zu können, aber da ich die Scheibe erst diese Woche erhalten habe und so auch erst einige Tage hören konnte, ist das noch relatives Neuland. Ja, Satan und so, aber da die Band doch recht anders klingt und ich (noch) keinen roten Faden zu der Vorgeschichte von Tippins/Ramsey erkennen kann, kann ich auch diese Entwicklung nicht angemessen beschreiben. Also mehr zur Musik selbst.

Die sechs Minuten "Missionary Of Mercy" würden mich bestimmt an Metallica erinnern, wenn ich sie hören würde, was sicher zum Einen am an Hetfield erinnernden Gesangsstil Michael Jacksons (ich ahne annähernd, was da schon für "Witze" gerissen wurden) liegt, zum Anderen, weil das Gitarrenspiel eine sehr kontrolliert-thrashige Schlagseite hat. Nach rund drei Minuten gibt es einen Riffwechsel zum Soloteil, der ein bisschen wie der berühmte "Song im Song" wirkt, aber nicht wehtut und gut stampft. Gegen Ende hin wird das Anfangsthema wieder aufgegriffen und routiniert zu Ende geführt.

"Puppet Regime" ist dann ein weiteres Mal Gitarrenakrobatik der schönsten Form. Auch der Gesang ist hier ein gutes Stück ruppiger. Diese wahnsinnigen Läufe, die das Album bisher zu bieten hat, würden sicherlich auch Omen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Der Beginn von "Canary" erinnert an eine light-Version des Painkiller-Einstiegs, lässt aber einen "langsameren", eher groovenden Song anlaufen. Bis hierhin (und auch im weiteren Verlauf) krankt es an Refrains und gerade bei einem solchen Aufbau wäre ein eingängigerer Chorus ein Pluspunkt gewesen. Dafür gibt es für diesen halt ein paar schnellere Gitarren als Unterlage.

Der Titeltrack hat den Aufbau eines "Avalanche Of A Million Hearts", leidet ein bisschen unter der recht unflexiblen Stimme Jacksons, trumpft aber sonst gerade bei den Akustikparts ordentlich auf. Nach Selbigen knallt der Gitarreneinsatz übrigens sehr schön, was mich einige Worte zur Produktion verlieren lässt: Diese wirkt wie der Übergang zwischen den 80ern mit ihrer im Gros etwas gitarrenlastigeren Herangehensweise und den 90ern mit einer stärkeren Betonung des Schlagzeugs, was vormals ja eher radiotauglichen Bands vorbehalten war. Für das Jahr 1989 sicher angemessen.

Damit ist die A-Seite geschafft. Mit ordentlichem Wumms und starkem, wenn auch langem Riff geht es mit "Retaliate!" weiter, das sehr aggressiv-thrashig vorantreibt, um zur Strophe wieder ein wenig mehr Groove hineinzubringen. textlich geht es, wie auf dem ganzen Album auch, Richtung Gesellschaft. Ohne großen Tiefgang, teils etwas plump, aber nicht dumm. Wenn mal etwas Zynismus versucht wird, klappt das nicht, doch wenn die harten Parolen geschmissen werden, umso besser. Am Besten ist's aber doch, wenn die Gitarren sprechen.

"Hypochondriac" beginnt mit einem schnellere-Anthrax-Riff und ist auch am Gesang etwas melodischer, auch wenn das Schlagzeug in einer ordentlichen Rate dazwischenhaut. Hätte ich an der Stelle kompositorisch anders zu lösen versucht, aber Sean Taylor ist ja nicht für Zurückhaltung bekannt. "Enemy Within" hat bisher gar keinen Eindruck hinterlassen, was vielleicht daran liegt, dass es "more of the same" ist. "The Brotherhood" startet danach als letzter Track wieder etwas spannender und liefert über seine fast 6 Minuten zwar wieder das ungefähre Albumtempo, aber auf einem höheren Niveau und die Gitarrensoli sind ein weiteres Mal die reinste Freude. Selbst der Refrain ist diesmal fast schon so etwas wie nennenswert. So sind die knapp 41 Minuten vorüber.

So gibt das Musikalische im Endeffekt das her, was das Cover verspricht; hörbare Sacred Reich, die aus Newcastle Kritik am amerikanischen Lebenswandel in wütende Musik stecken. Ich war und bin überrascht, dass es bei den Beteiligten eben so klingt, aber das wertet die Sache keineswegs ab, sondern zeigt eine weitere Facette des Zaubers, den das auf der einen Seite unterbewertetste und auf der gegenüberliegenden Seite verklärteste Gitarrenduo der Welt entfachen kann. Wie viel das in Punkten machen soll, weiß ich nach den wenigen Tagen des Hörens noch nicht, aber die oberen Regionen werden damit locker erreicht.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Loomis » 21. September 2015, 00:01

Cool, vielen Dank! :yeah:
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 21. September 2015, 22:47

Im Folgenden versuche ich, alle Songs von "Change To Insane" über YouTube zu hören... keine leichte Herausforderung.
Das kurze Review von Acurus-Heiko lässt mich traditionellen US Metal mit Hetfield-mäßigem Gesang erwarten. Normalerweise also relativ typisches Jhonny-Beuteschema.



SteelReign - Change To Insane (1995)

Zur Optik: Das Artwork weckt definitiv die Vorfreude auf guten 80er Metal. Hier wurde zwar nicht auf höchstem Niveau gezeichnet, doch die Farbgebung und die Motive passen zweifelsohne.
Bild

Ich habe seit Jahren kein Review geschrieben und höre diese Scheibe während des Schreibens erstmalig. Ich werde daher Song für Song durchgehen, ihr lest meinen ersten Eindruck. Das nimmt der Scheibe die Chance zu "wachsen", aber es besteht auch keine Gefahr, dass ich mir etwas "schönhöre" oder ich einer Nummer "überdrüssig" werde.

Der "Awesome Song" (YouTube-Zitat) "Cease To Exist", der das 1995er Album eröffnet, wurde netterweise von "larsulrich221" online gestellt. Eine feine Pointe. Mit ordentlichem Riffing gehts los. Der Sänger erinnert mich tatsächlich auch an Hetfield, aber natürlich waren meine Erwartungen auch "vorbelastet". Das Charisma des Metallica-Fronters fehlt hier leider. Am Gesang krankt die Nummer ein wenig, aber die Gitarrenarbeit ist gutklassig, der Rhythmus reißt mit. Kein "Awesome Song", aber eine ordentliche Nummer. Müsste ich mir aber nach dem ersten Eindruck nicht unbedingt ins Regal stellen. Immer wieder gewinne ich den Eindruck, dass eine alte Thrash Metal Truppe hier langsam und etwas kommerzieller werden wollte, ohne den Spagat geschafft zu haben.

"Inevitable Death" ist für mich auf YouTube nicht verfügbar. Doch dann die Erleuchtung - man kann sich das ganze Album auch bei Spotify anhören :-D
Auf den ersten Eindruck könnte es sich auch hier um eine langsamere Nummer einer Thrash-Band handeln. Nicht nur wegen des Gesangs denke ich an das schwarze Album (das ich schätze). Die Nummer schlägt den Opener klar.

"Truth About Dying" überzeugt wieder durch feine Leads. Warum sind die Songs zwei und drei so viel besser als die erste Nummer? Das erinnert ja fast ein wenig an "A Matter Of Life And Death"...
Die Metallica-Parallelen bleiben unüberhörbar. An "Inevitable Death" kommt die Nummer nicht ran, aber trotzdem ist es ein überzeugender Song.

"Change To Insane" steht nun an, der von Acurus-Heiko hochgelobte Song. Und so viel kann schon nach wenigen Takten gesagt werden: Der Song ist spannend aufgebaut. Rob Malvagno kann seine Sangeskünste besser einsetzen, er singt teils in tieferen Lagen, beweist, dass er ein dramatisches Moment in seiner Stimme hat. Der Song wird dynamischer, dieser Song ist einfach besser komponiert als der Opener. Leadgitarrist Frank Harris zeigt mit einigen herrlichen Melodiebögen, was er drauf hat - nicht von einem technischen Standpunkt aus betrachtet, sondern aus einer Melodie-orientierten Sicht.

"Deadly Hypnosis" heißt die nächste Runde, vom Titel her erwarte ich mir jetzt etwas mehr "Wumms" als bei der eher hypnotisierend-mystischen letzten Nummer. Und tatsächlich wird das Tempo etwas angezogen. Eher "Master Of Puppets" als die schwarze Scheibe, wobei die ganz großartigen Tempowechsel und Riffs dann doch fehlen. Trotzdem schlägt der Song fast alles, was Metallica nach 1991 veröffentlicht haben. Der zweistimmig gesungene Part macht besonders Spaß, danach überrascht die Melodieführung bei den Gitarren ein wenig - und zwar positiv. Zusammen mit "Change To Insane" das
bisherige Highlight.

Auch "Invisible Force" startet flott, hier denke ich erstmals an das, was ich normalerweise im Kopf als "US Metal" gespeichert habe. Das endet natürlich mit dem Hetfield-Gesang, aber rein vom Riffing her ist da auch ein wenig Crimson Glory oder Metal Church vorstellbar. Wieder ein starker Song - es bleibt dabei, dass der Opener bisher der Schwachpunkt ist. Die Scheibe macht immer mehr Spaß! Zudem merke ich immer mehr, warum Acurus-Heiko von den Lead-Gitarristen-Künsten fasziniert ist... auch dieser Song wird mit einem feinen Solo garniert - und hat weit mehr zu bieten als einseitiges Riffing.

"Into The Fog" klingt wie der Titel eines alten Horror-Films, der Einstieg ist nur bedingt "mystisch"... zum ersten Mal höre ich den Bass von Patrick Foote deutlich heraus. Aber beim Bass gehts mir meist eher so, dass mir nur seine Abwesenheit wirklich auffällt, es sei denn, ich lausche den Großmeistern wie DeMaio oder Harris.
Hier geht mir der Hetfield-Gesang eher auf die Nerven. Schwächster Song seit dem Opener, die Euphorie verfliegt wieder etwas. Schade. Nach den starken letzten Songs hätte ich mir erhofft, dass das Niveau so hoch bleibt.

Mit "Mortuary Delight", dem 8. (von 10) Songs geht es langsam auf die Zielgerade des Albums. Hier erinnert mich das Riffing klar an mittlere Metallica (die ich insgesamt nicht nur vom Gesang her immer wieder als Einfluss vermute). Dieser Song muss live richtig Spaß machen, er hat Groove und lässt sich sicher gut mitbrüllen. Ganz leicht fühle ich mich an Motörhead und an die Briten Savage erinnert, aber fragt bitte nicht, wieso.

"Circle In The Field"... der Leadgitarrist scheint dieses Thema (so scheint mir) sporadisch in der Melodieführung aufzugreifen. Manchmal habe ich das Gefühl, einen kreisenden Ansatz zu hören, aber insgesamt denke ich dann doch meist daran, dass Metallica nach 1991 auch diesen Klang hätten haben / behalten können. Wieder ein guter Song, der das Niveau hoch hält. Die Enttäuschung des ersten Songs ist quasi längst vergessen.

"Death Con 5" schließt die Platte ab, noch ein mal geht es mit einem schönen Riff los, das einsetzende Schlagzeugspiel macht mir klar, dass ich mich hierzu noch gar nicht geäußert habe. Ähnlich wie der Bass bleib es relativ unauffällig, was nicht zwingend etwas negatives sein muss. Es wirkte nie ablenkend (das gibt es ja leider manchmal auch), aber besonders glänzen konnte Drummer Tom Yannez aus meiner Sicht auch nicht.
Mittlerweile gefällt mir dagegen der Hetfield-lastige Gesang wirklich gut. Anfangs sah ich das durchaus als einen Malus, und auch wenn es immer noch kein Alleinstellungsmerkmal geworden ist, bereitet mir der Gesang nun doch immer wieder eine Freude.
Nach etwas mehr als zwei Minuten wird das Tempo rausgenommen. Nur in "Change To Insane" wurde so deutlich die Stimmung eines Songs verändert. Sonst ist es durchaus ein kleiner Makel, dass die Songs etwas eindimensional geblieben sind; größere Variationen blieben rar. Hier dagegen darf Frank Harris noch mal zeigen, was er als Gitarrist draufhat - und das macht er hier auch auf hohem technischen Niveau. Wenn am Schluss noch mal das Tempo angezogen wird hat man es zwar nicht gerade mit Speed Metal zu tun, aber hier wird schon amtlich gerockt.


Fazit:
Eine mir völlig unbekannte us-amerikanische Metal-Band, die laut Metal Archives noch aktiv ist, veröffentlicht 1995 mit "Change To Insane" ein starkes Album, das mit klassischem US Metal wenig zu tun hat, dagegen stark an Metallica zu Zeiten ihres schwarzen Albums erinnert. Der Opener und "Into The Fog" fallen etwas ab, ansonsten bringen SteelReign uns ein qualitativ starkes, wenn auch nie wirklich überragendes Album nach Hause. Da es die Scheibe zu relativ fairen Preisen gibt, wird sie wahrscheinlich noch dieses Jahr in meine Sammlung wandern, denn: Ich stehe auf Metallica, auch wenn sie sich 1991 lieber für 17 Jahre aufgelöst hätten (und "Death Magnetic" auch nie wirklich "fertig" klang).
Ich bin froh, diese Scheibe ein wenig kennen gelernt zu haben. Vom Cover erwartet man sicher eher US Metal der 80er Schule mit mystischem Touch, aber de facto haben wir es mit ordentlichem 90er Jahre Metal zu tun.
Als Anspieltipps empfehle ich:
"Death Con 5"
"Change To Insane"
"Deadly Hypnosis"

Da es bei YouTube etwas schwieriger ist, empfehle ich einfach Spotify.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 21. September 2015, 23:52

So, ein Review zu einer eigenen Scheibe werde ich möglichst bald folgen lassen, vielleicht schaffe ich es schon morgen. Bin noch nicht ganz durch, welches ich nehme.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Metalfranze » 22. September 2015, 08:10

Schön geschrieben, hab jetzt, nach deinem Review, Lust die Platte zu hören. :yeah:
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 22. September 2015, 10:39

Metalfranze hat geschrieben:Schön geschrieben, hab jetzt, nach deinem Review, Lust die Platte zu hören. :yeah:


Danke!
Mir hat es gestern auch wirklich Spaß gemacht, die Platte zu hören :yeah:
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Acurus-Heiko » 22. September 2015, 14:30

Das hast Du schön geschrieben, besser als ich. Und in der Tat ist der erste Song der schwächste auf der Scheibe.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 22. September 2015, 17:05

Acurus-Heiko hat geschrieben:Das hast Du schön geschrieben, besser als ich. Und in der Tat ist der erste Song der schwächste auf der Scheibe.


Danke. Naja, ich musste mich anders damit auseinandersetzen, dein Review hat mich schon sehr auf Metallica gepolt, aber ich schätze, das wäre mir beim Hören nach ein paar Tracks genauso gegangen.
Ich bin etwas überrascht, wie lang es am Schluss wurde.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 23. September 2015, 18:15

Eigenes Review ist nicht vergessen, bin nur noch nicht dazu gekommen!
Sorry!
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 25. September 2015, 11:37

OK, geht hier definitiv erst nach dem Harder Than Steel weiter... hoffe, dass das für euch ok ist! Sorry!
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Loomis » 28. September 2015, 18:05

Bin schon gespannt! :wink:
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 29. September 2015, 08:50

Loomis hat geschrieben:Bin schon gespannt! :wink:


Ja... sorry, dass immer noch nix kam, habe schon ein schlechtes Gewissen. Nach dem Harder Than Steel bin ich leider erst mal ziemlich erkältet und hab noch nicht so viel geschafft. Das muss ich ändern!
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Jhonny D. » 29. September 2015, 21:02

So, heute Abend ist es endlich so weit, ich beginne mein eigenes Review...

Die Wahl des Albums mag überraschen:

Edguy - Space Police: Defenders Of The Crown
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Meine 2014er Nummer 1, die ich mir leider erst Anfang diesen Jahres gekauft habe...
Edguy waren für mich eine frühe Metal-Band (auch wenn sie doch deutlich nach Hammerfall, Blind Guardian, Seventh Avenue, Warlord oder Iron Maiden kamen). Meine ersten Metaler-Jahre wurden stark durch die Hessen geprägt, wobei ich die ersten beiden Avantasia-Alben immer etwas stärker als die (damals schon rockiger werdenden) Edguy-Releases fand.

Meine Liebe zu Edguy hat über die Jahre deutlich abgenommen. Nach der großartigen Hellfire Club, meinem Erstkontakt, konnte mich die abwechslungsreiche Rocket Ride durchaus überzeugen. Mit Tinnitus Sanctus folgte der Absturz, und auch Age Of The Joker konnte mich nur etwas mehr erreichen. Die Langzeitwirkung blieb zumindest wieder aus. Als ich dann noch entdeckte, dass Mandrake oder Theater Of Salvation die letzten beiden Alben ebenfalls nicht nur in die Tasche steckten, sondern geradewegs zermalmten, und auch Avantasia mit The Mystery Of Time völlig blass blieben, schien irgendwie klar für mich - Sammet bringt nix mehr auf die Reihe. So lies ich die Space Police im Laden liegen und kaufte sogar eher die (wesentlich schwächere) Redeemer Of Souls.
Erst im Frühling dieses Jahres habe ich sie dann mal günstig bestellt.

Und nun stelle ich euch kurz vor, warum sie 2014 alles andere geschlagen hat. Sogar die anderen guten Euro Metal Releases von Sonata Arctica und Gamma Ray.

"Sabre & Torch", der erste Song ist hochklassiger Melodic Speed Metal der alten Hamburger Schule. Und Tobias Sammet war und bleibt ein großartiger Sänger, der zudem feine Ohrwurm-Refrains kopieren kann - wenn er nicht alles mit Orchester zukleistert (wie zuletzt bei Avantasia) oder einen auf Hard Rock macht, wird daraus feiner Metal.
Die moderne Produktion klingt dabei nie zu künstlich (wieder ein Problem der letzten Avantasia), sondern lässt Raum für lebendige Gitarrenklänge - und das obwohl alles sehr "fett" klingt. Fast, wie wenn man Exodus oder Nevermore auflegt.

"Space Police" ist eine langsamere Nummer, in guter alter Edguy Tradition. Die Synth-Klänge erinnern an "King Of Fools", der Refrain hat "Tears Of A Mandrake" Niveau. Einer der besten Edguy-Songs überhaupt (seit fast 10 Jahren habe ich keinen Sammet Song mehr gehört, der mich auch emotional so angesprochen hat). Dass die Lyrics Unfug sind, versteht sich dabei ja von selbst. Was ich an der Band besonders schätze: Die Chöre funktionieren und machen richtig Freude. Das geht ja bei vielen Euro Metal Bands eher in die Hose.

Danach wirds wieder flotter, "Defenders Of The Crown" kommt mit stark effekt-belegten Gitarren und Synths um die Ecke, und trotzdem klingt das, was mich vom Sound etwas an 80er Pop erinnert, richtig mächtig rüber. Im Studio hat die Band diesmal das beste aus ihren Möglichkeiten gemacht. Der fette Mitsing-Chorus bringt all das mit, was man an Edguy so liebt (oder vielleicht hast). Eingängigkeit, Repetition, feine Rhythmik. Kein Wunder, dass ich auch Maiden liebe. In den besten Momenten erinnern mich die mehrstimmigen Gesänge hier übrigens an die grandiose erste Avantasia Scheibe, eine der wichtigsten Metal-Sozialisationen meiner Jugend.

Nun ist der "Love Tyger" dran. Wer nur Sword & Sorcery Lyrics oder gar Tiefgrund haben will, wird sowieso schon abgeschalten haben. Hier kommt feiner Hair Metal in der Tradition von Van Halen zu ihrer besten Zeit ("5150") oder frühen Bon Jovi. Das alles mit feinen Sammet-Chören und ein paar supereingängigen Melodien. Hier wurde all das richtig gemacht, was auf Tinnitus Sanctus daneben ging. Sie können also doch auch Hard Rock.

Die "Realms Of Baba Yaga" entführen zurück zum Speed Metal Hamburger Schule, Sammet kann durch eine sehr feine Gesangsleistung glänzen. Insgesamt ein typischer Edguy-Song auf hohem Niveau, der nicht ganz das Niveau der ersten vier Songs hält.

Der einzige Ausfall ist sicher das völlig unnötige "Rock Me Amadeus" Cover, das Satire sein mag, aber dem Original viel zu ähnlich ist. Dann lieber Falco.

Also lieber das mit Stratovarius-mäßigen Keyboards einsteigende "Do Me Like A Caveman", das atmosphärisch etwas ruhiger beginnt. Die Gitarristen durften sich da erst Mal etwas zurücklehnen, es klingt fast wie AOR. Der Refrain ist dann ein typischer Sammet, der mich eher an die besseren Momente der letzten Avantasia-Alben als an Edguy erinnert. Gut, auch wenn der Song etwas aus dem Rahmen fällt. Nach dem Falco-Cover geht die Tendenz jedenfalls klar nach oben.

Dann steigt die Gitarre schneidend ein, es wird Zeit für "Shadow Eaters". Wieder mal gibts flotteren Speed Metal. Klar, das hat nicht den Härtegrad von "Walls Of Jericho" oder alten Running Wild Sachen, aber dass Edguy das Gaspedal wieder entdeckt haben, das ist schon wunderbar! Der Song würde gut auf die Scheiben um die Jahrtausendwende passen, und das war wohl die stärkste Edguy-Phase, also gibts nix zu meckern - denn auch qualitativ wäre er nicht abgefallen.

"Alone In Myself" ist die obligatorische Ballade, die mich vom Klang an "Cool Runnings" erinnert, nur ohne Jamaica. Klingt komisch, oder? Ich weiß auch nicht wieso. Wer die Balladen der letzten Avantasia-Scheiben kennt, weiß was ihn erwartet (gut, Bob Catley fehlt). Sammet hat mal wieder eine schöne ruhige Nummer hinbekommen, die mit Metal zwar nix zu tun hat, aber zwischendrin einen schönen Moment bietet.

Zum Abschluss gibts mit "The Eternal Wayfairer" einen Longtrack (für Edguy-Verhältnisse... fast 9 Minuten).
Erinnerungen an großartige Songs wie "The Piper Never Dies" oder "Sacrifice" werden deutlich, die leicht "ägyptische" Melodieführung weckt aber trotzdem keine Erinnerung an den Pharaoh.
Wieder mal gibts viele Synthies, viele Chöre, aber es klingt nie überladen, wie man das manchmal von Sonata Arctica, Stratovarius, Blind Guardian - oder eben auch Avantasia - kennt. In seinen besten Momenten erinnert mich der Song an Queen, (90er) Savatage und Magnum, und das kann nur positiv gemeint sein. Dass Sammet dort inspiriert wurde, ist kein Geheimnis. Kein langer Track auf der letzten Avantasia konnte mich ansatzweise ähnlich fesseln, daher geht der Daumen klar nach oben.


Insgesamt ein Melodic Metal Album klassisch deutscher Schule, dass mich trotz eines klaren Ausfalls (des Coversongs) überwiegend begeistert hat - und dabei meine Leidenschaft für Edguy neu entfachte. Selbst für die neue Avantasia habe ich Hoffnung.

Ein Song von der Bonus-CD muss zudem erwähnt werden:
"England" ist ein großartiger, ruhiger Magnum-mäßiger Song, Sammet, Klavier, Synthies. Und Steve Harris. Lineker. Unfug, wie immer. Aber hier machts Spaß (Lyrics sind mir sonst ja recht egal). Allein dieser Song rechtfertigt aus meiner Sicht den Kauf der Version mit Bonus-Disc.



Ich hoffe, dass der nächste kein absoluter Edguy-Hater ist, sonst wünsche ich viel Spaß mit der Scheibe und bin gespannt auf die Besprechung.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Killmister » 29. September 2015, 21:17

Von mir nur so viel: ich bin raus ! Überhaupt nix für mich.
Wenn man etwas nicht mag, ist einem weniger davon lieber.
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Re: Das Kettenreview

Beitragvon Loomis » 29. September 2015, 21:24

Der Zufallsgenerator sagte "5", was dann Raf Blutaxt heißt!

Raf, einmal Edguy bitte! :yeah:
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