Cthulhu hat geschrieben:Ich finde, jetzt kommen wir mal auf den Punkt. Stormwitch sitzt anscheinend auch mal gerne, aber wohl auf andere Art und Weise als andere hier im Forum.
Kuck, und das ist jetzt die "Polemik und Arroganz" von "eurer" Seite, die mindestens genauso zu dieser ellenlangen - und naturgemäß reichlich sinnlosen - Diskussion beigetragen hat wie meine zugegebenermaßen im Wortlaut etwas übers Ziel hinaus schießende Security-Forderung. Weil ich angemahnt habe, dass man auch auf solche Leute (rein passive Konsumenten) Rücksicht nehmen sollte, weil sie mit ihrem Geld "unsere" Bands genauso unterstützen wie wir, wirft man mich mit Snob-Konzertgängern in einen Topf, und unterstellt mir (natürlich total ironisch gemeint), dass ich dann wohl auch Biertrinken und Mitsingen verbieten und somit völlig langweilige, sterile Konzerte wollen würde etc...
Der Knackpunkt ist meiner Meinung nach dann wohl eher der, dass wir es hier mit zwei grundverschiedenen Einstellungen gegenüber Heavy Metal zu tun haben. Die einen sehen ein Konzert als eine Art Dienstleistung. Die wollen für ihr Geld möglichst ungestört Musik hören und spielen bei dem Gesamtereignis Live-Konzert eher eine passive Rolle. Die anderen dagegen sehen ein Konzert als ein großes Rock'n Roll-Event, die mehr ist als die reine Musik. Quasi noch ein Musikverständnis der alten Schule, als Heavy Metal mehr war als nur eine Musik.
Und was ist mit den zahlreichen stufenlos vorhandenen Zwischenformen? Ich meine auch, ein Musikverständnis "der alten Schule" zu haben, weil für mich Heavy Metal und ein Konzert auch
weit mehr ist, als reines Konsumieren von Musik. Ich denke, das werdet ihr mir abnehmen. Trotzdem steht für mich das Musikhören und Beobachten der Musiker im Vordergrund, weil ich es weit spannender finde, als die Party-Aspekte eines Konzerts und den Bewegungsdrang des besoffenen Nebenmannes. Trotzdem kann ich mit all den Party-Randerscheinungen eines Metalkonzerts wunderbar leben, wenn sie einen gewissen (weit gesteckten) Rahmen nicht überschreiten. Und ich bin nicht völlig passiv, aber - sagen wir "eher zurückhaltend", was besonders extrovertierte Begeisterungsstürme angeht. Das ist kein Prinzip, sondern einfach meine Eigenart: eher introvertiert und zurückhaltend (so lang es nicht ums Disputieren geht).
Was mich an "eurer" Argumentation irritiert: In Wacken sind es die (Nur-)Party-Metaller, die ihr kritisiert, weil sie nicht der Musik wegen da seien; hier sind es die Leute, die keine Party wollen, die ihr kritisiert, weil sie nicht das Gesamtpaket Metalkonzert leben wollen. Mir sieht es einfach stark danach aus, als würde von "einigen Leuten hier im Forum" ein sehr eng zugeschnittenes Modell vom Mustermetaller gefordert, das in der Realität vielleicht auf 5% der Konzertbesucher zutrifft und bei den restlichen 95% abweicht; zum Guten und zum Bösen. Das wiederum ist
mir zu viel Reglement und Verhaltenskodex.
Drum ist mein persönliches Credo eindach das gute alte "suum cuique". Das heißt dann für mich, dass ich das Konzerterlebnis anderer und ihre Art, ein Konzert zu genießen, jedenfalls insoweit respektiere, wie deren berechtigte Interessensphäre reicht. Das erwarte ich dementsprechend auch von anderen. Dazu gehört nicht, dass ich mir ein Bier, das Mitsingen, das Headbangen, Anfeuerungsrufe, Mitklatschen oder meinetwegen eine Polonaise verbieten lassen muss. Aber das Rauchverbot gehört m.E. ebenso dazu, wie eine in erster Linie moralische Verpflichtung, anderen nicht ohne Not ihren Konzertgenuss zu vermießen, indem ich ihnen bewusst die Sicht nehme. Ich drück mich nicht durch die Reihen und stell mich im vollen Haus direkt vor ein Mädel mit 1,50 - da such ich mir dann lieber irgendwo einen Platz wo ich niemanden störe. Vor 'nem 2-Meter-Typen zum Beispiel. Dass jeder mal aus Unachtsamkeit und ohne böse Absicht jemanden stören kann, ist doch klar. Da ist halt dann die Frage, wie er drauf reagiert, wenn ihn der Gestörte freundlich drauf anspricht. Hab ich ja schon geschrieben...
Ich finde einfach, dass die "Gesamtpaket"-Fraktion respektieren sollte, dass die "Nur-Musik"-Fraktion mit genau dem selben Recht ihre Konzerte genießen will, darf und soll. Das Zauberwort ist hier einfach Rücksichtnahme, die ich bei euch persönlich einfach mal unterstelle. Habt ihr ja auch allesamt geschrieben. Dass es auch und gerade bei Rockkonzerten Leute gibt, welche Rücksicht ganz eindeutig nicht an den Tag legen, wirst du aber nicht bestreiten können. Die einen sollen halt so viel Rücksicht nehmen, dass sie nicht bewusst die "Dienstleistungsempfänger" stören, und die "Dienstleistungsempfänger" müssen sich bewusst werden, wo sie sich befinden, nämlich nicht in der Staatsoper. Offensichtliche Rücksichtslosigkeit müssen sie aber meiner Meinung nach nicht hinnehmen, und da finde ich auch den Ruf nach dem Saalschutz angemessen. Vom anderen zu erwarten, dass er sich dann einfach der Rücksichtslosigkeit beugt, weil er ja auf einem Rockkonzert ist, finde ich unfair.
Als man sich zu Metal-Konzerten noch heimlich aus dem Haus schleichen musste und den Eltern sagte: "Ich übernachte heute bei Klaus Rüdiger und lern Mathe". Als jedes Konzert eine Party war, die man mit seinen Freunden feierte. Heavy Metal will hier zelebriert werden und nicht nur begutachtet. Zur Not auch mit Unterstützung von mehr oder weniger flüssigen und rauchenden Hilfsmitteln. Wenn nicht hier wo dann? In dieser Welt käme niemand auf die Idee, die Saal-Gestapo zu alarmieren, sofern nicht die eigene körperliche Unversehrtheit bedroht ist. Und das ist doch der Dreh- und Angelpunkt. Diese zwei grundverschiedenen Auffassungen von Live-Musik sind einfach nicht unter einen Hut zu bringen. Um jetzt mal zwei Pole zu bilden: Wenn man mit verschrenkten Armen gerade jede Note aus dem gerade gespielten Solo raushören will, dann stören die jubelnden und zuprostenden (vielleicht mal versehentlich anrempelnden) Kids nebenan einfach.
Ich hätte auch gerne, dass es noch Dinosaurier gibt. Aber sie sind halt leider ausgestorben. Ich glaube, dass die Zeit, die du hier herauf beschwörst, unwiederbringlich untergegangen ist. Wenn es sie überhaupt jemals gegeben hat. Zu Judas Priest kommen heute Leute aus allen Schichten im Alter von 7-70. Und alle haben das selbe Recht, ihr Konzert zu genießen. Das geht am besten, wenn alle gegenseitig Rücksicht nehmen. So lange das klappt, braucht niemand die Securitate. Wenn nicht, dann muss sie halt wohl oder übel eingreifen. Im Übrigen auch, wenn die Oma hinter dir, dir ihr Handtäschchen mit Ziegelstein auf den Kopf haut, weil du bei "I Was Made For Loving You" zu laut mitgesungen hast. Die muss natürlich auch Rücksicht nehmen und soll sich nicht aufführen. Ist ja keine Einbahnstraße...